EWTO

„Lieber Besserkönner als Besserwisser – Sifu Peter Thietje“

Sifu Peter Thietje, 5. PG, zur von Großmeister Kernspecht angestoßenen Diskussion zum Stellenwert des Chi-Sao innerhalb des WingTsun ...

Neugewonnener Spaß am Reagieren können

Ich möchte Euch liebe WingTsun-Freunde, die nicht regelmäßig die Gelegenheit haben; sich intensiv von meinem junggebliebenen Si-Fu durch die „Mangel“ nehmen zu lassen, ein wenig Einblick in diese Stunden verschaffen. Während ich bis vor rund zwei Jahren beständig an den aktuellen Sektionen mit ihm arbeiten durfte, verwandelten sich unsere darauf folgenden gemeinsamen Stunden zu etwas ganz anderem. Si-Fu fing an, mir diverse Querverbindungen zu anderen Bewegungsmöglichkeiten zu eröffnen. Seit einigen Monaten folgen nun Stunden des intensivsten Reaktionstrainings. Angefangen mit einfachsten, aber kürzesten Bewegungen aus den verschiedenen Formen. Ohne lange Abläufe zu spielen, durfte ich nun anfangen, mich von meiner eigenen Kraft/Anspannung zu lösen. So lernte ich erst auf der einen Körperseite auf einen Angriff zu „reagieren“, dann galt es als nächstes oft, auf den auf der anderen Körperseite liegenden Impuls zu reagieren! Hier war es am Anfang sehr frustrierend, den so einfachen, aber deswegen super schnellen Angriffen meines Vaterlehrers nicht gewachsen zu sein. Die von Si-Fu gegebenen nötigen Korrekturen halfen mir, eine eigene bessere Ökonomie zu schaffen. Intensives Üben mit meinen eigenen Schülerinnen und Schülern gaben mir eine neue Qualität. Der Lohn für die Mühe ist zweifelsohne der neu gewonnene Spaß am Reagierenkönnen! Einen sehr wichtigen Übungsschritt möchte ich nicht unerwähnt lassen. Alle Übungen empfehle ich erst sehr langsam auszuführen, um sich selbst bewusst zu werden, was im Moment geschieht und wer was gerade zu bewegen hat. Ohne diese Möglichkeit, des sich und den Anderen beobachten zu können, ist die Qualitätsverbesserung kaum zu schaffen. Besonders schwierig fand ich es, dem Angriff möglichst keinen Widerstand entgegen zusetzen. Immer wieder kamen und kommen auf kleinsten Widerstand schnellste Reaktionen, denen man ständig hinterher läuft.
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Die bildhafte Sprache Si-Fu Kernspechts hilft, die Dinge begreifbar zu machen. Auf seiner letzten Tour im Norden sprach er oft von den „Türen des Adventskalenders“, die man dem Gegner öffnen sollte. Spannend ist, wie das neu gewonnene Reaktionsvermögen bei selbst fortgeschrittensten WT-Lernern die alten Aha-Erlebnissse wieder hervorruft! Die kleinen filigranen Bewegungen und die Arbeit mit dem Unterkörper machen unser „EWTO-WingTsun“ unkopierbar! Mit dieser neuen Qualität kann man selbst rustikale Naturen verzweifeln lassen!

Über das Training hinaus wirksam!

Eine neue Gelassenheit hilft mir im privaten und in geschäftlichen Bereichen klarer und friedlicher zu bleiben. Die Fähigkeit, Dinge zu nehmen wie sie kommen, stelle ich vermehrt bei mir fest. So hat das „andere“ Chi-Sao-Training, besser wohl Reaktions- oder Horizontserweiterungs-Training“ genannt, für mich persönlich weitaus mehr gebracht als nur stark verbesserte kämpferische Fähigkeiten.
Der Wechsel der Vorstellungen ist ein weiterer wichtiger Punkt!
Am Anfang der Reaktions-Stunden mit Si-Fu Kernspecht gab es für mich erst ein kleines Problem.
Um welche Distanz bzw. um welchen Moment einer Auseinandersetzung geht es eigentlich?
Die Antwort fand ich etwas später beim Üben mit meinen Schülern heraus. Es war nicht der Moment, der in den ersten BlitzDefence-Programmen geübt wird! Auch geht es nicht um den Augenblick, den Si-Fu Kernspecht in seinem Buch „Der Letzte wird der Erste sein“ bearbeitet! Ich habe mich mit beiden Themen intensiv auch mit Schutzausrüstung beschäftigt. Nein! Es ist der Moment, des bereits herauskommenden Angriffs aus unmittelbarer Nähe. Es bleibt für uns WT-Treibende nur die Möglichkeit der geschmeidigen Reaktion.

Eine weitere Herausforderung, die für mich persönlich noch viel Übungszeit in Anspruch nehmen wird, soll die Umschaltung von angemessener Reaktion zum blitzschnellen Gegenangriff sein. Eine Fähigkeit, die mein Si-Fu verinnerlicht hat. Sehr entgegen kommt mir, dass Si-Fu in dieser Entfernung bereits ein Bein vorne hat und beide Hände etwa parallel (wie im Chi-Sao-Training) in ausreichendem Abstand vor dem Körper platziert sind. So ist es nun unter realistischen Bedingungen möglich, dass bei entsprechendem Druck alle möglichen in den Sektionen vermittelten Variationen entstehen können. Sehr spannend sind die Parallelen zum Langstocktraining und die Verwendung der kurzen Körperbewegungen in den Reaktionen.
Hier forsche ich gerade persönlich weiter. Als nächster Schritt, wenn genügend Übung vorliegt, werde ich den Übungen durch Stimmeneinsatz den Hauch von Stress zufügen. Bin mal gespannt, wie wir uns weiter entwickeln
Danke lieber Si-Fu, dass Du uns immer wieder ein so großartiger Lehrer bist!


Dein To-Dai Peter Thietje
5. Meistergrad WingTsun und
Referent für Kids-WingTsun

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