Der Vater des WingTsun in Europa

Großmeister Prof. Dr. sc. Keith R. Kernspecht –
Leiter und Gründer der EWTO

Seine Begeisterung für Kampfkunst und Körperentwicklung hat Keith R. Kernspecht frühzeitig entdeckt. Schon zu Schulzeiten gehörten das Raufen und die Lektüre der damals in Deutschland noch wenig populären Literatur über asiatische Selbstverteidigungskünste zu seinen Hauptbeschäftigungen.
Die Auseinandersetzung – teilweise unterstützt durch asiatische Privatlehrer – war so intensiv, dass der junge Autodidakt selbst seine Abiturlaufbahn für kurze Zeit vernachlässigte. Erst nach einer Ausbildung zum Dolmetscher und Dienst als Polizeibeamter holte der heute weltweit gefragte Cheftrainer der Europäischen WingTsun-Organisation – EWTO – sein Abitur nach.

Studium und Kampfkunst

Das folgende Studium klassischer und moderner Sprachen, der Philosophie, Theologie und Rechtswissenschaften lieferte ihm zunächst die solide Grundlage zum Fachunterricht in Sprachen und Sport an einem Gymnasium, als Lehrbeauftragter für Wirtschaftsenglisch an der Universität, bei der Justizvollzugsanstalt und der NATO.
Doch trotz der vielfältigen Unterrichtsverpflichtungen, die Kernspecht bis 1978 wahrnahm, widmete er sich parallel weiterhin immer dem Studium der Kampfkünste. Schon Ende der fünfziger Jahre hatte K. R. Kernspecht mit Freistilringen, Catchen, Jiu-Jitsu und Judo begonnen. Dann folgten Kempo, Shaolin-Kung-Fu, Shotokan- und Wado-Ryu-Karate, Ko-Budo, Hapkido, Taekwondo, Aikido, Escrima (philippinischer Stock- und Messerkampf) und diverse thailändische Kampfkunstdisziplinen. 1967 gründete Kernspecht schließlich den legendären Budo-Zirkel, der sich als erster deutscher Kampfsportverein auch dem authentischen chinesischen Kung-Fu widmete.

Mit Yip Mans Kampfkunst, dem wohl effizientesten chinesischen Kung-Fu-System, kam Kernspecht Anfang der 1970er Jahre in den China-Vierteln der europäischen Metropolen erstmals in Berührung. Er machte die in Deutschland völlig unbekannte Kampfkunst (Wing Chun) zur eigenen Disziplin des Budo-Zirkels.
1975 lud er auf Anraten seines Wing Chun-Meisters Joseph Cheng den höchsten chinesischen WingTsun-Meister, Leung Ting (10. Grad), nach Deutschland und begann damit einen Weg, der ihm bis heute den Ruf des „Vaters des WingTsun in Europa“ einbrachte. Die jährlichen 2 bis 3 Besuche Leung Tings und dessen Seminare für WT-Ausbilder und -Schüler wurden zur Selbstverständlichkeit.

Seit 1976 ist Kernspecht Cheftrainer der eigenständigen EWTO (Europäische WingTsun-Organisation), die das Leung-Ting-System als alleiniger Lizenznehmer in den meisten Ländern Europas (mit der Ausnahme von Ungarn, Polen usw.) vertritt.

Im Jahre 2000 erkannte ihm Großmeister Leung Ting den 10. Meistergrad zu, den bislang nur er besaß. GM Kernspecht ist Ehrenpräsident der International WingTsun Association und Direktor auf Lebenszeit der Ving Tsun Athletic Association.

1982 gründete Kernspecht die WingTsun-Akademie auf Schloss Langenzell bei Heidelberg und schuf den Beruf des „WingTsun-Lehrers“. Das Lehrprogramm zur Berufsausbildung entwickelt er bis heute kontinuierlich weiter. Den Informationsfluss zu den rund 1.000 WingTsun-Schulen gewährleisten eine eigene Verbandszeitschrift, eine eigene Website mit Mitgliedermagazin, regelmäßige Rundschreiben an die Mitglieder, zahlreiche Lehrgangsangebote und die Fachbücher, die Großmeister Kernspecht im eigenen EWTO-Verlag (vormals Wu Shu-Verlag) herausgibt.

Universitätsprofessor

1993 reifte in GM Kernspecht die Idee, sein WingTsun nicht nur traditionell, sondern wissenschaftlich zu unterrichten und über die Universitäten zu verbreiten, worauf er seine pädagogischen Studien wieder aufnahm, um den Magister zu erlangen.

Schon 1996 wurde Kernspecht Gastprofessor für Sportwissenschaften an einer der weltgrößten Sportfakultäten der Welt – der nationalen Sportakademie in Sofia.

Außerdem erhielt er eine Gastprofessur für Pädagogik und Kampfkunst an der staatlichen Universität Plovdiv, die ihn 1999 als Anerkennung seiner Leistungen auf diesem Gebiet zum weltweit ersten Ehrendoktor der Kampfkünste ernannte.

2004 war es dann endlich soweit, dass er mit der Staatsuniversität Plovdiv, unter der Ägide von Prof. Dr. Margaritov, dem späteren Sportminister, den ersten Studiengang in Sportpädagogik (Spezialisierung WingTsun) mit ca. 35 deutschen, österreichischen und schweizerischen Studenten durchführen konnte. Für die überwiegende Zahl der Teilnehmer endete das Studium mit dem Bachelor- bzw. Magister-Grad. Bisher zwei von ihnen schafften es sogar schon zum Doktor-Grad.

2006 wurde GM Kernspecht, der inzwischen Ehren-Mitglied des Akademischen Rates der Universität war, von der Sportakademie Sofia zum Prof. h.c. ernannt.

2009 bestand GM Kernspecht dann die höchste und staatliche Prüfung zum sog. „Großen Doktor“, die in Bulgarien von der Funktion her mit der in Deutschland üblichen Habilitation zu vergleichen ist.

2011 wurde GM (Prof. Prof. h.c. Dr. Dr. h.c.) Kernspecht von der Paisij Hilendarski Universität der Titel „Professor emeritus“ verliehen, der dort seit Bestehen der Universität erst einmal vergeben wurde. Anders als z.B. in Deutschland bedeutet dieser Titel in Bulgarien nicht die Pensionierung, sondern „verdienter Professor“!

Ab Sommer/Herbst 2012 hat Kernspecht mit englischen und bulgarischen Universitäten akademische Studiengänge zum Bachelor in „Theorie & Praxis der Kampfkünste“ bzw. zum Magister in „Theorie & Praxis des WingTsun“ geplant.

Obwohl Kernspecht fast jeden Tag der Woche unterrichtet, findet er noch Zeit, sich international für die Kampfkunst einzusetzen. So arbeitet er an einem eigenen Forschungsprojekt, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, alternative Wege zur „Deeskalation der Gewalt“ zu finden. Seine Untersuchungen bleiben dabei keineswegs nur schöne Theorie. Im Alltag der europäischen Elite-Polizeien, die er kontinuierlich berät, haben sie sich nachweislich bewährt.

In seinen Büchern „BlitzDefence – Angriff ist die beste Verteidigung“, „Der Letzte wird der Erste sein“ und den Bänden „Kampflogik“ ermöglicht Kernspecht es nun auch interessierten Laien, von seinem Wissen zur Gewaltprävention zu profitieren.

Außerdem gehört Keith R. Kernspecht internationalen Vereinigungen von Hochschullehrern an, die in Personalunion Kampfkunstlehrer sind, sich regelmäßig treffen und die Kampfkünste auf ein wissenschaftliches Niveau heben wollen.