Sicherheit

WT-ler sorgen für Sicherheit in Europas größter Multifunktionshalle - Teil 1

In der Color Line Arena in Hamburg, der modernsten Mulifunktionshalle Europas, sorgt ein hochprofessionelles Sicherheitsteam für einen ruhigen und geregelten Ablauf der Veranstaltungen. Auch einige WT-ler bringen hier ihr Wissen und ihre Fähigkeiten ein.

Am 13. Juni 2001 legten in Hamburg Bürgermeister Ortwin Runde, Wirtschaftssenator Dr. Thomas Mirow und der finnische Investor Harry Harkimo den Grundstein für die Color Line Arena. Namensgeberin für die Arena ist eine der größten europäischen Fährschiffreedereien. Die Programmvielfalt in der Arena ist riesig:
Neben Sportveranstaltungen wie Handball Bundesliga (HSV Handball), Eishockey DEL (Freezers Hamburg) finden in der Arena natürlich auch ganzjährig zahlreiche Konzerte (z.B. R.E.M., Peter Gabriel, Kylie Minogue, Rammstein, Böhse Onkelz oder die Toten Hosen) statt. Da sich bei Veranstaltungen bis zu 16.000 Gäste in der Arena tummeln, ist es nicht verwunderlich, dass es des öfteren zu leichten bis schwerwiegenderen Auseinandersetzungen unter den Gästen kommen kann.

Damit sich der Besucher aber grundsätzlich „sicher“ fühlen kann, kümmert sich ein renommiertes Sicherheitsunternehmen um alle Belange der Sicherheit. Das Konzept liegt darin, alle Hallenbereiche systematisch zu bewachen bzw. zu kontrollieren. Dafür wurden Aufgabenbereiche definiert und einzelne Teams an strategisch wichtigen Stellen positioniert. Die Gäste werden schon im Eingangsbereich durch Schleusen kanalisiert. So ist in der Einlassphase sichergestellt, dass evtl. verdächtige Personen selektiert werden können. Diese Aufgabe übernimmt das Ordnungspersonal. Kernpunkt des Sicherheitskonzeptes ist jedoch ein spezielles „Interventionsteam“ (General Control). Diese Eingreiftruppe hat verschiedene Aufgabenbereiche: Angefangen von der reinen Auskunftserteilung bei Fragen rund um das Thema Color Line Arena, über Einschreiten bei möglichen Auseinandersetzungen bis hin zum Erteilen von Hausverboten. Da alle Saaltüren sowie weitere strategisch wichtige Positionen mit dem Ordnungspersonal besetzt sind, ist ein dichtes Kommunikations-Netz vorhanden. Schnell werden Gefahrenherde lokalisiert und dementsprechend dort mit den vorhandenen Kapazitäten eingegriffen. Sehr gut organisiert ist auch die Zusammenarbeit mit der örtlichen Polizei. Da diese direkt an der Arena eine Wache hat, ist eine enge und direkte Zusammenarbeit zwischen dem Ordnungsdienst und der Polizei möglich. So kann z.B. ein Gast, der ein ausgesprochenes Hausverbot missachtet, vom Interventionsteam direkt an die Polizei übergeben werden.

Ich persönlich bin Mitglied des Interventionsteams (General Control). Die Zusammenarbeit bzw. „Arbeitsgestaltung“ untereinander ist hervorragend, dabei kommt einem natürlich zu gute, ein eingespieltes „Team“ zu sein. Durch diese Arbeit lernt man aber nicht nur sich selbst besser kennen, sondern auch seine (Arbeits-) Kollegen. Dort trifft man auf viele verschiedene Charaktere, viele verschiedene Auffassungen und viele verschiedene (Kampf-) Stile. Interessant daran ist zu erkennen, wie andere in Konfliktsituationen reagieren. Dabei meine ich jetzt weniger das einfache „Rein- oder Zuschlagen“, viel mehr das Vorgeplänkel, die deeskalierende Phase. Wie verkraftet der menschliche Körper, bzw. Verstand diese Situationen? Haben Anwender anderer Kampfstile ähnliche Methoden mit Angst oder Stress umzugehenEines sei von vornherein gesagt, alle Stile haben ihre Vor- und Nachteile, ihre Spezialtechniken und Schwachstellen.

Durch das große Interesse der Medien, lockt die Arena auch viele Prominente an. Diese werden in der Arena durch das Interventionsteam betreut. Daher ist es besonders wichtig, eine entsprechende Ausbildung für dieses Team vorweisen zu können. Denn die Früherkennung von möglichen Konfliktsituationen sowie der besonnene Umgang mit ihnen – gerade bei der sensiblen Personengruppe der VIP´s – stehen für die Mitarbeiter an erster Stelle.

WingTsun ist ideal geeignet, sämtliche Fähigkeiten für diese Arbeit zu entwickeln (neben der Ausbildung zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit). Neben den technischen Fertigkeiten und den Methoden des Deeskalationstrainings sowie der Menschenkenntnis, trainiert WT auch den höflichen Umgang mit dem Klientel. Oft reicht es, WingTsun lediglich „verbal“ einzusetzen, deshalb sollte jeder, der WingTsun lernt nicht nur an seinen „körperlichen“ Techniken, sondern auch an seiner „verbalen“ Technik arbeiten. Die Plattform dafür bietet uns das von GM Kernspecht entwickelte BlitzDefence-Programm.Durch die im Training erworbenen Kenntnisse ist man auf die gängigsten Angriffe Dritter vorbereitet. Ich persönlich finde den Zusammenhang zwischen der WT-Lehre und der Tätigkeit im Sicherheitsgewerbe optimal. Durch das Training in der Schule lerne ich, mich auf Stress-Situationen optimal vorzubereiten, jedoch fehlt beim Training teilweise die nötige Portion „Realismus“. Man bleibt stehen, hört trotz mäßiger Kontrolle des Trainingspartners auf, eben diesen zu kontrollieren. Das kann dazu führen, dass man selbst nicht mit der notwendigen Einstellung zur Sache geht, alles ein wenig schleifen lässt und sich in seiner „eigenen“ Sicherheit wiegt. Realistische Situationen und eine regelmäßige praktische Anwendung des WT-Wissens sind daher unheimlich wichtig! Deshalb bevorzuge ich das „Hand in Hand“ zwischen dem Erlernten (während des Trainings) und der Praxis (bei der Polizei oder im Sicherheitsgewerbe). Ich stabilisiere einerseits meine praktischen Fähigkeiten, auf der anderen Seite kann ich erkennen, was mein Körper in Stresssituation wirklich macht. So versuche ich ständig, wichtige Erkenntnisse zu sammeln, meinen Erfahrungsschatz zu erweitern und diesen meinen Schülern weiterzugeben.

Das Schöne an dieser Arbeit in der Arena ist, dass es recht selten zu einer körperlichen Auseinandersetzung kommt. Wenn es jedoch dazu kommt, setzt man sich zunächst auf der mentalen Ebene auseinander. Wer dort im Vorteil ist, muss nicht unbedingt zuschlagen. Mit der richtigen Wortwahl und entsprechender Mimik und Körperhaltung lassen sich bestimmte Situationen verbal schon im Ansatz lösen. Wichtig ist ein ruhiges, aber bestimmtes Auftreten – niemals von „oben herab“, sondern auf „gleicher Augenhöhe“. Viele fühlen sich in ihrem EGO bestätigt und handeln dementsprechend, sie bauen sich vor dir auf und reden sich noch näher. Entscheidend ist dann, dass man die Situation richtig einschätzt, sich in andere Personen hineinversetzen kann und instinktiv handelt. So biete ich z.B. einem Gast das „Du“ an, nur um deeskalierend zu wirken. Bei anderen Gästen könnte die vertrauliche Ansprache genau das Gegenteil bewirken. Bei dem richtigen Umgang mit dem Gegenüber kommt es sehr auf den eigenen Erfahrungsschatz an. Es sind Dinge wie die Menschenkenntnis, ein wenig Fingerspitzengefühl und eine Menge Toleranz beiderseitig. Für unbelehrbare Gäste wende ich eine andere Taktik an. Wenn die „Du“-Form nicht wirkt, spielen mein Partner und ich mit dem Gegenüber „guter Cop, böser Cop“! Der eine gibt vor, das Verhalten des Gastes nachvollziehen zu können und begibt sich somit scheinbar auf seine Seite. Der andere ist jedoch eben „böse“ und möchte die Auseinandersetzung mit dem Gast, wenn auch nur auf verbaler Weise. So bewegt sich viel hin und her, was in den meisten Fällen dazu führt, dass der Gast – ohne weitere Zwischenfälle – die Halle verlässt. Bei einem anderen Gast wiederum aber eskaliert es in so einer Situation, da hilft kein Zureden. Ein intensiver Augenkontakt, die Blicke werden nicht voneinander weichen. Die Person dir gegenüber hält seine Arme links und rechts seitlich weit vom Körper, um entweder breiter zu wirken, oder – wie im Western – symbolisch seine Pistolen zu ziehen. Deshalb nenne ich diese Phase „Wildwestduellierungssituation“! Diese Phase ist nur mit mehr Personal zu umgehen, wobei die Überzahl lediglich einschüchtern soll.

Es ist hervorzuheben, dass in der Arena ein eingespieltes Team zusammen arbeitet. Mit bloßem Augenkontakt oder leichter richtungsweisender Kopfbewegung untereinander weiß jeder, was er zu machen hat. Das „blinde Verstehen“ untereinander im Team ist extrem wichtig und zahlt sich vor allem bei Veranstaltungen aus, die man im Vorfeld als eher nicht aggressiv einstuft, wie z.B. ein Konzert von Justin Timberlake. Doch gerade hier geriet das Verhalten des Publikums immer wieder außer Kontrolle. Angetrunkene Gäste provozierten wiederholt und ohne erkennbaren Grund das Ordnungspersonal. Dagegen hatten wir bei den „Toten Hosen“ im Vorfeld Auseinandersetzungen erwartet und uns entsprechend darauf eingestellt. Hier blieb es jedoch weitestgehend ruhig. Das Publikum war zwar zum größten Teil recht „einfacher Natur“ und stark angetrunken, aber ansonsten relativ kooperativ.
Regelmäßige Einsätze haben wir bei den Eishockey-Spielen in der Arena. Wobei man sagen sollte, dass die eigenen heimischen Fans/Gäste inzwischen die Hallenregeln- und Gepflogenheiten kennen und akzeptiert haben. Die Gäste-Fans kennen diese Regeln logischerweise nicht und wissen daher oft nicht, was sie erwartet, z.B. ein ausgesprochenes Hausverbot!

Wenn man sich die Eishockey-Fans/Gäste näher betrachtet, sind viele dabei, die größer und schwerer sind als ich (1,85 cm und 85 kg). In diesen, ihren eigenen Bahnen, denken sie dann auch – zu meinem Glück, denn was ist schon schöner als in so einer potentiellen Gefahrensituation unterschätzt zu werden. Der schnelle Einsatz eines WT-Keils dort, einen Lap-Sao & Fauststoß hier. Die deeskalierende Haltung der Hände als Schutz und als „Brücke“ beim Blitzdefence zum Gegner, alles Dinge, die in solchen Phasen funktionieren.

Text: Mirko Kannenwischer