Escrima

Mittelalter und Escrima

In der heutigen Zeit scheint es, dass sich immer mehr Menschen nach den längst vergangenen archaischen Zeiten des Mittelalters zurücksehnen. In letzter Zeit ist verstärkt zu beobachten, dass bald jede Ortschaft ihre eigenen Mittelaltermärkte und Feste initiiert und ausrichtet.

So richtet beispielsweise die Harzstadt Seesen seit weit über 30 Jahren jährlich das so genannte Sehusafest aus, das als größtes Historienfest Norddeutschlands bekannt ist. Dort werden vom Hochmittelalter bis hin zum Barock alle Epochen mit verschiedensten Ständen, Buden, Schaustellereien und auch Schlachtszenen, etwa aus dem Dreißigjährigen Krieg, nachempfunden.

Im hannöverschen Stadtteil Linden findet man seit September 2009 sogar eine Gaststätte mit dem Namen Spelunke, in welcher man unter dem Motto „Speysen und Zechen, wie in vergangenen Zeiten“ gesellige Abende verbringen kann.

Solch eine Inspiration mag durch Filme wie „Der Herr der Ringe“ geschürt werden. Doch gibt es auch Pen&Paper-Rollenspiele, wie etwa „Das schwarze Auge“, in der sich der Spieler in die Rolle eines Charakters seiner Wahl versetzt und in gemütlicher Spielrunde eine bunte Welt voller Magie und Schwertkämpfen in erdachter mythischer Umgebung erlebt.

Doch auch in unserem EWTO-Escrima wurde das Mittelalter wieder entdeckt. Großmeister Bill Newman implementierte verstärkt das Training mit Blankwaffen. Schon in den ersten Unterrichtsstunden lernt man, dass schon der Stock eng am Körper geführt werden muss, um den ganzen Körper einsetzen zu können. Später fällt es dadurch umso leichter schwerere Waffen ohne große Anstrengung zu nutzen.
Wenn man sich dann die Mittelalter-Vorführungen der Newman-Knights ansieht, kann man beobachten, dass dort die Waffen – egal wie groß und wie schwer, sei es Anderthalbhänder, Zweihänder oder Gleve – nichts mehr zu wiegen scheinen und mit dem Körper eine Einheit bilden.
Immer mehr Menschen kommen zudem mit dem Wunsch ins Escrimatraining, dass sie den richtigen Umgang mit den historischen Blankwaffen lernen wollen. Dieses steht keinesfalls im Konflikt zu den normalen Schülergradprogrammen; denn laut Master Bill soll man sich sowieso anstelle eines „ugly stick“ eine Klingenwaffen vorstellen.
Man muss den neuen Schüler nur allmählich an das heranführen, was er sich eigentlich wünscht: nämlich an die historischen Blankwaffen. Dafür ist besonders die „Offlining-Übung“ geeignet: Hier lernt man den ganzen Körper einzusetzen, um so einen echten Escrima-Hieb zu bewirken. Unter dem Thema „Offlining“ wird auch Pfingsten der Escrima-Unterricht beim diesjährigen Internationalen Lehrgang in Hockenheim stehen – eine hervorragende Gelegenheit endlich einmal [wieder] ins Escrima hinein zu schnuppern. Also den Stock fürs Escrima nicht vergessen!
Es ist im Übrigen egal, um welches Schülergradprogramm es sich handelt, sie sind alle dafür geeignet, dass man lernt, später mit jeder nur erdenklichen Waffe umgehen zu können. Es war schon immer die Prämisse von Großmeister Bill Newman, dass sich für den Escrimador jeder Gegenstand als geeignete Waffe erweisen soll. Man kann dieses Ziel nicht nur auf Kurzwaffen hinsichtlich der Selbstverteidigung beziehen, sondern auch auf den Umgang mit historisch nachempfundenen Waffen.
Hockenheim wäre eine gute Gelegenheit, es auszuprobieren.

Text: Kai Kalbreier

Fotos: hm; Stadt Seesen