Editorial

Ein echter Kampfkunststudiengang

Mein vielleicht wichtigstes Projekt letztes Jahr war die Verwirklichung des Kampfkunststudienganges an der britischen Universität Buxton/Derby.

Es hat mein Team und das von Charles Spring viele Anstrengungen gekostet, aber am Ende konnten wir gemeinsam etwas weltweit Einzigartiges realisieren:

Ein echtes Kampfkunststudium, um das man uns bis in die USA beneidet!

Vorher gab es – wieder weltweit nur bei uns – als einzige Möglichkeit ein Sportpädagogik-Studium mit „Spezialisierung in WingTsun“, und zwar jenes, das wir EWTO-ler mit der Staatsuniversität Plovdiv initiierten.
Beim „englischen Bachelor“ geht es jedoch nicht in erster Linie um Sport und in zweiter ein wenig um Kampfkunst; sondern vor allem um das zentrale Thema Kämpfen.

Und es war ein Glücksfall, dass wir mit Charles Spring einen Dozenten haben, der selbst nicht nur im Karate und WingTsun usw. unterwegs ist, sondern der auch die Straße kennt.

Das erste Semester war für manche eine schwierige Hürde, wohl nicht zuletzt wegen der englischen Sprache. Dazu kam die Sprache der Wissenschaft: wie man zitiert usw. Außerdem steht man zeitlich unter Stress, vieles kommt anders als geplant.
Einige wollten schon verzagt hinschmeißen, aber sagten schließlich doch: „Jetzt erst recht! Und wer weiß, ob solch eine Chance je wieder kommt? Ob es je einen zweiten Studiengang dieser Art geben wird? Ohne Abitur, mit relativ wenig Aufwand, in einer kleinen netten Gruppe, mit gewogenen Dozenten, die einen durchbringen wollen, wenn sie sehen, dass man sich bemüht!

Wie war Bruce Lees Devise: Vergiss die Torpedos, volle Kraft voraus!

Deshalb allen, die soweit gekommen sind: Respekt & Anerkennung!

Ich habe mein Abitur in 3½ Jahren Abendstudium gemacht, zusätzlich zur Nachtschicht an der Schleuse des Nord-Ostsee-Kanals als Schiffsdolmetscher und zusätzlich zu meiner Kampfschule. Deshalb weiß ich, was Eure Leistung bedeutet. Ich weiß aber auch, wie stark solche freiwillig auf sich genommenen Anstrengungen machen; denn sie nehmen nicht Kraft, sie geben Kraft! Wer sich nicht selbst befehlen kann, durchzuhalten, wie will er andere führen?
Trotzdem wird es im kommenden 2. Semester angenehmer. Die Studenten werden es genießen. Zurücklehnen können sie sich zwar nicht. Das wäre ja auch langweilig. Aber es wird wesentlich interessanter und nicht so arbeitsaufwendig, da wir uns mit Themen befassen, die den meisten schon vertraut sind.
 

Was die Studenten erwartet:

1. Erich Reinhardt: Biomechanik bei den Kampfkünsten und Neues zum Thema Atmen

Mein Freund aus alten Tagen: Die Kämpfer- und Trainerlegende: Erich Reinhardt, Diplomsportlehrer, 8. Dan Ju-Jutsu, 3. Dan Karate, 4. Dan Judo, mehrfacher Landes- und Deutscher Meister im Kampfsport.

Als technischer Direktor und Bundeslehrwart Ju-Jutsu führte er die Trainerausbildung im Ju-Jutsu ein. Ein Mann der ersten Ju-Jutsu-Stunde, der in bewundernswerter Weise das 1969 durch ein Gremium des Deutschen Judo Bundes geschaffene Ju-Jutsu, das sich aus verschiedenen Techniken des Judo, Karate, Aikido und aus sehr wenigen Techniken des alten Jiu-Jitsu zusammensetzt, wissenschaftlich, methodisch und biomechanisch mit seiner Diplomarbeit untermauerte.

Für mich ist Erich Reinhardt einer der bedeutendsten, aber leider auch verkanntesten Budo-Lehrer überhaupt. Ich stelle ihn insofern auch über asiatische Lehrer, weil er der erste war, der hier im Budo „prinzipiengerechtes“ Unterrichten auf wissenschaftliche Weise propagierte. Erich Reinhardt wird den Part Biomechanik bei den Kampfkünstenübernehmen. Und er will auch Neues und Eigenes über das Atmen beisteuern. Ich bin selbst gespannt!
 

2. Prof. Keith R. Kernspecht: Der männliche Ritualkampf

Ich werde einen Teil gestalten:der männliche Ritualkampf in seinen Phasen – wie man sich darauf vorbereitet und wie sich andere Stile darauf vorbereiten. Damit zusammenhängend werfen sich die Fragen auf: Wie müssen unsere Programme gestaltet sein, um dieses Ziel zu erreichen? Reicht es, Techniken zu trainieren? Was sind „Techniken“? Unterschiede der Auffassung von Techniken bei äußeren und inneren Stilen, „tote“ und „lebendige“ Techniken und „Bewegungen des Augenblicks“. Wie erfolgen die meisten Angriffe auf der Straße? Was sind die größten Gefahren? In welcher Distanz spielen sich die meisten Auseinandersetzungen ab? Welche Rolle spielt Stresstraining? Stellenwert des Bodenkampfes: Enden wirklich 95% aller Kämpfe am Boden oder ist das nur ein Propagandamärchen? usw.

Ich werde einige Videos zeigen, die meine Thesen untermauern.
 

3. Prof. Keith R. Kernspecht: Theorie- und Praxisunterricht zur Wegetheorie

Theorie- und Praxisunterricht durch mich persönlich!

• 4 Wege, wie man mit Kraft auf den Gegner einwirken kann.
• 4 Wege, wie man die Kraft des Gegners möglichst nullifizieren kann.
• 4 Wege, wie man sich vom Gegner helfen lassen kann.
 

4. Dr. Oliver König: Leadership kompakt

Dr. Oliver König wird auf das Leadership-Programm eingehen, welches in den Bereich „Professional Development“ in das Studium eingeflossen ist. Da die meisten schon Leadership-Veranstaltungen besucht haben, wird er hier darauf aufbauen, Literaturtipps geben und erläutern, was in diesem Bereich für die Uni erarbeitet werden soll. Hier wird der Arbeitsaufwand für die meisten nicht zu hoch sein, da es praktisch um eine Dokumentation dessen geht, was wir sowieso im Leadership-Programm umsetzen.
 

5. Prof. Charles Spring: Verschiedene Themenbereiche

Natürlich wird Prof. Charles Spring wieder auf seine unterhaltsame Art durch verschiedene Themenbereiche führen und diese mit seinen Theorie- und Praxisteilen unterstreichen.
 

Liebe Grüße
Euer SiFu/SiGung
Keith R. Kernspecht


PS: Außerdem ist es mir gelungen, meinen Freund, den Polizeipsychologen Dr. Uwe Füllgrabe, zu motivieren, einen Vortrag zu halten. Aber aus Zeitnot wird das zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen müssen.