Editorial

Legends Never Die

Gedenkveranstaltung zu Ehren von GM Kernspecht in Hockenheim

Am vergangenen Samstag, dem 15. Februar, versammelte sich in der Stadthalle Hockenheim die EWTO-Familie, um Großmeister Prof. Dr. Keith R. Kernspecht zu ehren – einen Menschen, dessen Wirken unzählige von uns geprägt hat. Weit über 500 Gäste aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Bulgarien, Tschechien, Italien, Belgien, Frankreich, Großbritannien, Spanien und den USA waren angereist.

Dr. Markus Senft, Geschäftsführer der EWTO, eröffnete die Veranstaltung mit einer Schweigeminute. Unmittelbar danach wurde das Video „Legends Never Die“ gezeigt, das die besondere Atmosphäre dieses Gedenktags eindrucksvoll spürbar machte.

Die Anfangszeit in Kiel

Im ersten Redebeitrag schilderte Natalie, SiFus Tochter, sehr persönliche Eindrücke aus dessen frühen Jahren in Kiel. Schon damals zeigte sich sein unbändiger Forscherdrang – ein Wesenszug, der WingTsun nachhaltig prägen sollte. Auch SiFus Ehefrau Sigrun (Simo) war anwesend und wurde in die Erinnerungen liebevoll einbezogen.

 

Pionierjahre

Großmeister Bill Newman, „the bestest friend“ von GM Kernspecht, berichtete im Anschluss von den frühen Pioniertagen. GM Newman, der bis heute Escrima unterrichtet, begleitete GM Kernspecht schon in der Phase, als die EWTO in den Kinderschuhen steckte. Wie alle Redner an diesem Tag verband er seine Worte mit persönlichen Erinnerungen, die die tiefe Freundschaft und gegenseitige Wertschätzung verdeutlichten.

 

Vision und Wachstum

Anschließend folgte ein gemeinsamer Block von drei Großmeistern:

  • Oliver König (Prof. Dr.) ordnete SiFus Vision in die wachsende Struktur einer weltweit agierenden Organisation und ein beleuchtete das Thema Leadership.
  • Giuseppe Schembri erinnerte an prägende Jubiläumsfeiern (25- und 40-jähriges Bestehen) sowie an internationale Lehrgänge, die das Zusammengehörigkeitsgefühl in der EWTO stärkten.
  • Thomas Schrön berichtete insbesondere über Schloss Langenzell und seine eigenen, noch jungen Jahre bei GM Kernspecht.

Alle drei ergänzten ihre Ausführungen mit persönlichen Anekdoten, die verdeutlichten, wie sehr GM Kernspecht sie in ihrer Entwicklung beeinflusste.

 

Der Wissenschaftler und Forscher

Ein weiterer Schwerpunkt des Nachmittags war SiFus wissenschaftlicher Ansatz, der in die drei WingTsun-Sparten der EWTO mündete:

  • WingTsun (Classic)
  • Magic Hands
  • WTplus

GM Oliver König erläuterte, wie GM Kernspecht WingTsun in akademische Studiengänge integrierte. Natalie sprach vertiefend über „Magic Hands“, während DaiSifu Cosimo My das Programm „WTplus“ vorstellte. Alle drei Konzepte beruhen auf SiFus Lehren und machen deutlich, wie breit und zukunftsorientiert er die EWTO aufstellte.

 

SiFu als Autor und Visionär

Markus Senft, ehemaliger Redakteur der WingTsun-Welt, erinnerte an den enormen Umfang von SiFus Publikationen. Seit Mitte der 1970er-Jahre veröffentlichte er zahlreiche Bücher über WingTsun, Escrima und andere Kampfkünste. Sein Werk Vom Zweikampf (1987) gilt als Klassiker, das viele Kampfkünstler nachhaltig inspirierte.

Jonathan Bluestein, der gemeinsam mit SiFu an dessen Biografie gearbeitet hat, las einen Auszug aus dem noch unveröffentlichten Buch vor. Diese wenigen Seiten machten deutlich, dass die fertige Biografie eine Fülle neuer Einblicke in GM Kernspechts Leben offenbaren wird.

 

Persönliche Erinnerungen

Höchst emotional wurde es, als weitere Weggefährten ihre Erfahrungen mit GM Kernspecht teilten:

  • DaiSifu Michael Schwarz, einer der ersten und ältesten höchstgraduierten Schüler, blickte auf mehrere Jahrzehnte gemeinsamer WingTsun-Praxis zurück. Er betonte, wie SiFu ihn und so viele andere stets zu eigenständigem Denken und Handeln ermutigte – eine Mentorenrolle, die ihn bis heute prägt.
  • Dr. Siegfried Wolf, Vize-Weltmeister im Karate, würdigte die philosophische Tiefe und Offenheit, die GM Kernspecht in die Welt der Kampfkünste brachte. Wolf hob hervor, dass der stete Austausch mit anderen Stilrichtungen ein wesentlicher Bestandteil von SiFus Erfolg war.
  • Jan Silberstorff, einer der einflussreichsten Wegbereiter des Tai Chi im deutschsprachigen Raum, berichtete von intensiven Diskussionen mit SiFu über innere Kampfkünste und Körpermechanik. Dieses gemeinsame Interesse an der „inneren Essenz“ des Kampfes verband die beiden bis zuletzt.
  • Roland Liebscher-Bracht, bekannt für seine Schmerztherapie-Methode, dankte für die wegweisenden Impulse, die er durch GM Kernspecht erhielt. Insbesondere die Prinzipien der Körperwahrnehmung und Selbstoptimierung im WingTsun hätten ihn stark beeinflusst.

Zum Abschluss dieses Blocks enthüllte Doreen Koch ein von ihr geschaffenes Porträt, das sie anschließend feierlich an Simo und Natalie übergab.

Die posthume Verleihung des 12. Grades

Der Höhepunkt der Gedenkfeier war die posthume Verleihung des 12. Grades an GM Kernspecht. Stellvertretend für die gesamte EWTO traten die höchstgraduierten Schüler – Meister des 7. und 8. Grades – sowie die Großmeister gemeinsam auf die Bühne. Fast 40 Personen standen dort, ein imposantes Zeugnis für SiFus herausragende Bedeutung als Lehrer. Mit der Enthüllung der Urkunde wurde dieser Moment feierlich besiegelt.

 

Ausklang und ein Blick nach vorn

Im Anschluss an die Zeremonie versammelte sich die EWTO-Familie im Foyer, um bei Kaffee und Pflaumenkuchen – SiFus Lieblingskuchen – Erinnerungen zu teilen und die besondere Atmosphäre des Tages auf sich wirken zu lassen.

Ein herzlicher Dank galt dem Organisationsteam um DaiSifu Mark Tietz und Nadine Cramer, dem Team der EWTO-Zentrale sowie allen Helfern, die zum Gelingen dieser Gedenkfeier beigetragen haben.

In der gleichen Gemeinschaft, die GM Kernspecht ins Leben rief, wollen wir sein Erbe weitertragen und seine Lehren stetig vertiefen. So lebt sein Geist in unserer Hingabe zum WingTsun fort – „Legends Never Die“.