Sicherheit

Das verschärfte Waffengesetz in Deutschland

Vor genau einem Jahr wurde in Deutschland das Waffengesetz verschärft. Am 28.03.2003 veröffentlichte das Bundesinnenministerium des Inneren die wesentlichen Elemente der Neufassung. Im Hinblick auf das Zusammenwachsen des europäischen Binnenmarktes ist es eine interessante Fragestellung für alle, die länderübergreifend in der Sicherheitsbranche tätig sind, inwieweit sich die deutsche Rechtsprechung von der anderer Länder unterscheidet.

Anhebung der Altersgrenze für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen:

Für Sportschützen wird grundsätzlich das Alter von 18 auf 21 Jahre angehoben. Für Kleinkaliber-Sportwaffen und für Einzellader-Flinten bis zu einem bestimmten Kaliber bleibt es bei der Altersgrenze von 18 Jahren, sofern diese durch genehmigte Schießsportordnungen zugelassen werden. Diese Ausnahme deckt diejenigen Waffen ab, die insbesondere für olympische Disziplinen zugelassen sind. Für Jäger wird die Altersgrenze von 16 (dem Alter, ab dem ein Jugendlicher nach Ablegung der Jägerprüfung einen Jugendjagdschein lösen kann) auf 18 Jahre angehoben.

Medizinisch-psychologische Untersuchung vor der Erteilung waffenrechtlicher Erlaubnisse für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen

Grundsätzlich werden Personen, die noch nicht 25 Jahre alt sind, vor dem Erwerb der ersten erlaubnispflichtigen Schusswaffe ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis über ihre geistige Eignung im Sinne hinreichender Reife zum Waffenbesitz vorlegen müssen. Ausgenommen hiervon sind Jäger, da sie durch die anspruchsvolle Ausbildung und die schwierige Jagdprüfung bereits in hinreichender Weise ihre Eignung und den Willen zu einem ernsthaften und ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen, die zudem lediglich Mittel zur Jagdausübung sind, zum Ausdruck gebracht haben. Eine weitere Ausnahme besteht für die Kategorie von Schusswaffen, die Sportschützen bereits mit 18 Jahren erwerben dürfen, also für die – insbesondere in den olympischen Disziplinen zugelassenen – Kleinkaliberwaffen und Sportflinten (vgl. Nr. 1). Unabhängig von der Altersgrenze wird es künftig den Waffenbehörden zur Pflicht gemacht (und nicht lediglich in das Ermessen gestellt), ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu verlangen, wenn Tatsachen Bedenken an der persönlichen Eignung begründen.

Mindestaltersgrenze für das Schießen durch Kinder

Das Mindestalter wird, wie im bisherigen Recht, 12 Jahre betragen. Im Einzelfall kann zur Förderung des Leistungssports eine Ausnahme von der Mindestaltersgrenze bewilligt werden.

Betreuung bei der Schießausbildung minderjähriger Schützen

Künftig wird eine für die Kinder- und Jugendarbeit qualifizierte Schießaufsicht für die Altersgruppe der Kinder von 12 bis 14 Jahre (diese dürfen grundsätzlich nur mit Druckluft- oder Federdruckwaffen schießen) sowie der Jugendlichen von 14 bis 16 Jahre, wenn diese mit „scharfen" Schusswaffen schießen, vorgesehen.

Behördliche Genehmigung von Schießsportordnungen

Die neu eingeführte behördliche Genehmigung der Schießsportordnungen soll im Interesse der öffentlichen Sicherheit die staatliche Kontrolle darüber sicherstellen, ob die Disziplin überhaupt sowie ihre konkreten Inhalte und Abläufe einschließlich der dafür vorgesehenen Waffen einen schießsportlichen Charakter aufweisen. Diese Entscheidungen sollen durch das Bundesverwaltungsamt unter Mitwirkung eines Fachbeirats getroffen werden, in dem neben den Behörden des Bundes und der Länder auch Vertreter des Schießsports repräsentiert sind; sie werden nach dem Inkrafttreten des Gesetzes kontinuierlich erfolgen.

Definition des sportlichen Schießens zur Abgrenzung des sportlichen vom kampfmäßigen Schießen

Hier geht es um die grundsätzliche Grenzziehung, die bei der Genehmigung von Schießsportordnungen unter Mitwirkung des Fachbeirats (vgl. Nr. 4) praktisch wird. Auf diese Weise wird verhindert, dass unter dem Deckmantel des Sports Fertigkeiten antrainiert werden könnten, die mit Schießsport nichts zu tun haben. Eine künftige Verordnung zur Durchführung des Waffengesetzes wird hier in Abstimmung mit den betroffenen Kreisen nähere Konkretisierungen vornehmen.

Aufsichtsmöglichkeiten der Schießsportverbände über Schießsportvereine, die ihnen angeschlossen sind

Im Hinblick auf eine verbesserte mittelbare staatliche Aufsichts- und Einwirkungsmöglichkeit auf die – in die Tausende zählenden – Schießsportvereine wird die Verantwortung der Schießsportverbände für ihre Vereine präzisiert.

Restriktionen für Reizstoff-, Schreckschuss- und Signalwaffen

Die so genannten Gas- und Schreckschusswaffen werden in hohem Maße bei der Verübung von Straftaten der Schwerkriminalität (z.B. Raub, räuberische Erpressung, Geiselnahme) benutzt; sie machen etwa die Hälfte aller im Zusammenhang mit Straftaten sichergestellten Waffen aus. Dies hat insbesondere aus dem Kreis der Bundesländer und seitens der Polizei zu der Forderung nach der Einführung staatlicher Restriktionen für diese bisher lediglich dem Alterserfordernis von 18 Jahren unterliegenden Waffen geführt.

Dieser Forderung wird durch die Einführung des Kleinen Waffenscheins entsprochen: Für diejenigen Personen, die solche Waffen in der Öffentlichkeit führen möchten, ist eine behördliche Erlaubnispflicht vorgesehen. Der Ausdruck „Kleiner Waffenschein", der im Gesetz verankert wird, umschreibt folgenden rechtlichen Sachverhalt: Die Gas- und Schreckschusswaffen sind erlaubnispflichtig. Die Erlaubnispflicht umfasst aber, wie sich aus der Waffenliste ergibt, nicht den Erwerb und Besitz; hierfür gilt nach wie vor nur das Alterserfordernis der Volljährigkeit. Das Führen dieser Waffen unterliegt jedoch der Erlaubnispflicht, und zwar der Prüfung der Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung. Diese wird in Form des Kleinen Waffenscheins erteilt. Darüber hinaus wird eine besondere Hinweis- und Protokollierungspflicht von Waffenhändlern bei der Veräußerung von solchen Schusswaffen vorgesehen, deren Verletzung mit Bußgeld bedroht ist.

Während die Vorschriften für Gas- und Schreckschusswaffen verschärft werden, wird der Erwerb und Besitz von Reizstoffsprühgeräten bereits Jugendlichen ab 14 Jahren gestattet. Sie haben damit die Möglichkeit eines wirksamen Verteidigungsmittels.

Verbot von sog. Pump-guns

Das Verbot der Pump-guns ist bereits vorab mit Wirkung vom 17. Oktober 2002 in Kraft getreten. Es betrifft solche Pump-guns, die klassische "Unterwelt"-Waffen sind, also Vorderschafts-Repetierflinten zum Verschießen von Schrotmunition mit Pistolengriff. Derartige Waffen werden im kriminellen Milieu benutzt und sind neben ihrer Drohwirkung auf Grund ihrer vergleichsweise geringen Länge und ihrer verheerenden Wirkung im Nahbereich objektiv besonders gefährlich. Als Sport- oder Jagdwaffen hingegen finden derartige Pump-guns schon mangels Eignung hierfür keine Verwendung.

Verbot von Wurfsternen und gefährlichen Messern

Die zu Wurfsternen sowie zu Spring-, Fall-, Faust- und Butterflymessern insbesondere seitens der Bundesländer vorgetragenen Tatsachen über Missbrauchsfälle haben zu der Aufnahme eines künftigen Verbotes des Umgangs mit diesen Gegenständen geführt. Eine Einschränkung erfährt auch das „Taschenmesserprivileg". Dieses bezog sich schon im bisherigen Recht auf die im Übrigen auch dort grundsätzlich verbotenen Spring- und Fallmesser. Nach dem neuen Waffengesetz wird die gesetzliche Ausnahme vom Waffenverbot nunmehr auf die Gattung der Springmesser beschränkt und insoweit verschärft, als die – besonders zur Bedrohung und zum Messerkampf geeigneten – Springmesser, bei denen die Klinge nach vorne hervorschnellt, unabhängig von der Klingenlänge und -beschaffenheit dem Verbot unterfallen.

Meldepflicht für Waffenhändler beim Überlassen von Schusswaffen

Neben seiner Eintragungspflicht in die Waffenbesitzkarte und seiner Pflicht zur Führung eines Waffenbuches wird (zusätzlich zum Erwerber selbst, der zur Vorlage seiner Waffenbesitzkarte zwecks Bestätigung des Eintrags verpflichtet ist) künftig auch der Waffenhändler verpflichtet sein, binnen zwei Wochen den Erwerb an die Waffenbehörde zu melden.

Einrichtung einer Auskunftsmöglichkeit der Waffenbehörde aus dem Erziehungsregister

Zur Prüfung der persönlichen Eignung wird die Auskunft aus dem beim Bundeszentralregister geführten Erziehungsregister eingeführt. Dieses Register enthält Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel, also Rechtsfolgen von strafrechtsrelevantem Verhalten von Personen, die unter das Jugendstrafrecht fallen, die einerseits unter der Schwelle einer Jugendstrafe zurückbleiben, andererseits ein erhebliches Fehlverhalten würdigen. Bei der Nutzung dieser Daten geht es nicht um die Kriminalisierung oder Stigmatisierung junger Straftäter, sondern darum, den Umgang mit Waffen durch Personen auszuschließen, die durch ihr Verhalten und seine gerichtliche Würdigung gezeigt haben, dass ihr charakterlicher Reifegrad einen solchen noch nicht rechtfertigt.