Editorial

Skilaufen und Kämpfen

Dies ist ein Gasteditorial meines verstorbenen Mentors Prof. Horst Tiwald. Es stammt aus unserem umfangreichen, intensiven E-Mail-Verkehr, dessen Inhalt bei anderen sich normalerweise als Diskussionsstoff über viele, viele Jahre gezogen hätte.

31.1. 22:58

Hallo Herr Kernspecht,

ich habe mir gerade nochmals das Inhaltsverzeichnis von Kampflogik durchgelesen.
Dabei habe ich versucht herauszufinden, was Sie beim Kämpfen mit und gegen Menschen anders machen als ich beim Kampf mit Piste und Schwerkraft beim Skilaufen.

Bei der Erstbegegnung mit der Sportart Skilaufen ist es in meinem Vorgehen fundamental, den Anfänger als Erstes zum Hinhören auf die unterschiedlichen Herausforderungen der Piste und auf die Unterschiede der möglichen Varianten des eigenen Bewegens hinzuführen.

Es geht hier bereits darum, den Unterschied zwischen der spezifischen Sinnlichkeit (Tastsinn, Kinästhetik) und den Achtsamkeitsbewegungen zu gewahren.
Dabei werden bei mir bereits vom Anfang an für die weitere Entwicklung mehrere Konten (wie ich es für meine Anfänger formulierte) eröffnet.
Im Laufe des Lehrweges wird dann jeweils besonders auf einzelne oder gleichzeitig auf mehrere Konten akzentuiert eingezahlt“.

Dabei gibt es dann auch Übungen, bei welchen auf Skiern verschiedene Aufgaben mit verbundenen Augen realisiert werden.
Es wird hier zu zweit geübt. Vorn fährt der „Blinde“ und realisiert die Aufgaben, hinten fährt ein Sehender, der bei Gefahr rechtzeitig „Stopp!“ ruft.

Ähnliches könnte ich mir im Kämpfen vorstellen, wo einer oder auch beide bestimmte Übungen mit verbundenen Augen realisieren.
Wobei dann bei jenen Übungen, welche das Timing im Auge haben, neben dem kinästhetischen Sinn vor allem die raumaufspannende Achtsamkeit und das Verlangsamen der subjektiven Zeit zum Tragen kommen.

Hier wird dann auch konkret erlebbar, wo ich einerseits über eine Berührung sinnlich Informationen aufnehme und wo ich andererseits mit anderen Orten unmittelbar in achtsamen Kontakt bin, ohne dort auch eine aktuelle sinnliche Vermittlung zu haben.
Wie ich also meine Achtsamkeit splitten und mir eins werdend ein differenziertes Raum-Bild erarbeiten kann.

Machen Sie solche Übungen und wenn ja, machen Sie das bereits mit Anfängern oder erst später mit Fortgeschrittenen?
Oder machen Sie so etwas isoliert vom Kampf in einer mehr meditativen Form?

Beste Grüße
Horst Tiwald