Editorial

Eine Fortsetzung meines Editorials vom vorigen Monat

Als ich gerade einmal wieder unseren mehrere tausend Seiten umfassenden Briefwechsel studierte, stieß ich auf eine frühe Mail meines Mentors Prof. Horst Tiwald:

19.1.2012 um 10:59:

Hallo Herr Kernspecht,

man missversteht mich, wenn man meint, dass ich je in meinem Leben einen „fairen Sportkampf“ als Ziel im Auge hatte.

Mit Sport als Ziel hatte ich überhaupt nie etwas im Sinn, deswegen habe ich mir ja genügend Feinde gemacht.
Ich sagte oft:
„Will man eine gute Sache kaputt machen, dann muss man es zum Sport machen oder in die Schule bringen“.

Da es nun aber Sport und Schule gibt und sich dort die Menschen aus Zwang (Schule) und freiwillig (Sport) herumtreiben, muss man sie dort abholen, wo sie sind.

So ist auch der aufgenötigte Kampf auf der Straße ein zunehmendes Phänomen.

Da bin ich aber ratloser, denn man kann in Situationen kommen, für die es für mich gar keine Lösung gibt.
Und ich kann in Panik auch Schaden anrichten, der sich nachher oder in den Augen von Gutachtern als unangemessen herausstellt.
In meiner Ratlosigkeit habe ich dann einmal provozierend die Meinung vertreten, dass es besser wäre, als sich Halb-Können anzueignen:
„Das Früherkennen zu verbessern und Leichtathletik zu trainieren, um schneller weglaufen zu können!“

Und schon hatte ich mir wieder andere zu Feinden gemacht!

Mit Sport-Kampf habe ich gar nichts im Sinn, als das, dass man dort jene Menschen abholen muss, die sich leichtsinnig in Sicherheit wiegen.

Ich hatte ein eindruckvolles Erlebnis auf einem meiner Skikurse.
Meine Studenten gingen in der Gruppe abends in die Dorfkneipe. Da begab es sich, wie mir dann erzählt wurde, dass einer meiner Studenten von einem Dorfjungen richtig verprügelt wurde (trotz der Studentengruppe als Publikum).

Und das war genau jener Student, der in irgendeiner Karate-Art in einer bestimmten Klasse Weltmeister geworden war, wie mir nachher erzählt wurde.

Liebe Grüße
Horst Tiwald