WingTsun

Zypern: Polizei und Kampfkunst

Während seines Zypern-Aufenthalts, bei dem Großmeister Kernspecht WingTsun zwei Kleingruppen auf hohem Niveau unterrichtete, hatte er als Botschafter des WingTsun außerdem noch in verschiedenen Bildungseinrichtungen und im zypriotischen Fernsehen Termine wahrzunehmen. Der erste Termin war in der Universität in Nikosia anberaumt. Dort demonstrierten Großmeister Kernspecht und sein Team die verschiedenen Facetten des WingTsun. Am folgenden Tag erschien ein ganzseitiger Zeitungsbericht in der englischsprachigen Zeitung „The Cyprus Weekly“ unter dem Titel „Police eye martial arts“. Hier die Übersetzung:

Zur Bekämpfung von Straßendelikten und um potentiell gefährliche Situationen zu entschärfen, werden Polizeibeamte auf Zypern möglicherweise bald anfangen, eine jahrhundertealte, chinesische Kampfkunst zu trainieren.
Höhere Polizeibeamte, die in dieser Woche einem Seminar mit praktischen Vorführungen unter WingTsun-Großmeister Dr. Keith Kernspecht (10. Meistergrad) an der hiesigen Universität in Nikosia beiwohnten, äußerten sich als sehr beeindruckt über die gewaltvermeidenden Ansätze dieser Kampfkunst.

 Über 
 WingTsun
  
Der Legende zufolge wurde WingTsun-KungFu vor mehr als 250 Jahren von einer buddhistischen Nonne konzipiert, und lässt sich bis zur Ching-Dynastie zurückverfolgen. Diese Kampfkunst verlässt sich nicht auf rohe Körperkraft, sondern borgt die Kraft des Gegners und verwendet sie gegen ihn.
Das System stützt sich auf biomechanische Prinzipien und die Nahdistanz, wodurch seine Anwender Angriffe in koordinierten Winkeln abweisen können, um Gegenangriffe zu lancieren. Mit entsprechendem Training wird ein WingTsun-Anwender sehr wendig, kräftig und fähig, schnelle Gegenangriffe aus kurzer Distanz an den Mann zu bringen. Schüler lernen anhand von einfachen Prinzipien den sparsamen Umgang mit Bewegungen und Energie, und können diese Fertigkeiten in drei bis fünf Jahren erlernen.
WingTsun ist ein Stil, welcher allgemein als das von Bruce Lee ausgeübte und gemeisterte Kampfsystem bekannt ist.

In einem Gespräch mit „The Cyprus Weekly“ erläuterte Dr. Kernspecht dass das über 250 Jahre alte WingTsun von einer Frau konzipiert wurde, um sich gegen viel größere und stärkere Angreifer zu behaupten.
„Es ist ein System, das mit der und nicht gegen die Kraft eines Angreifers arbeitet“, erklärte Kernspecht. „Diese Kampfkunst ist besonders effizient, und da sie von einer Frau stammt, ist es für den Anwender nicht notwendig, sehr groß oder stark zu sein.“

Der in Deutschland geborene ehemalige Polizist, der im Jahre 1970 begann WingTsun in London zu erlernen, hat die letzten drei Jahrzehnte damit verbracht, diese Kampfkunst zu unterrichten und Ordnungshüter in aller Welt in wirkungsvollen Selbstverteidigungs- und Kontrolltechniken zu unterweisen.
Er hat zudem mehr als zehn Bücher zu diesem Thema verfasst und reist im Zuge seiner Seminare und Vorlesungen durch die ganze Welt.
„WingTsun ist die perfekte Selbstverteidigung, da es auf die Kraft und körperlichen Gegebenheiten eines jeden Schülers zugeschnitten werden kann. Es ist für Polizeibeamte wichtig, dass sie bei einer Festnahme nur die nötigste Gewalt anwenden – und WingTsun gibt ihnen diese Möglichkeit. Es hat aber auch härtere Alternativen für Schüler, die sich gegen größere oder aggressivere Gegner schützen wollen.“
Während des Seminars zeigten Kernspecht und sein Team hochgraduierter WingTsun-Meister den Polizeibeamten und Kampfkunstbegeisterten, wie diese Kunst in wirkungsvoller Weise Konflikte in den verschiedensten Gefahrensituationen entschärfen kann.

„Eine Selbstverteidigung, die auf die Kraft und körperlichen Gegebenheiten eines jeden Schülers zugeschnitten werden kann“

„Dieses Kampfsystem ist für die Selbstverteidigung in echten Gefahrensituationen ideal geeignet, und benötigt keine besondere Fitness“, sagte Kernspecht.
„In etwa einem halben Jahr können Schüler lernen, sich mit einigen Grundtechniken wirkungsvoll zu verteidigen, deshalb ist WingTsun bestens für Polizeibeamte geeignet, die wenig Trainingszeit zur Verfügung haben.“
Laut Kernspecht werden WingTsun-Selbstverteidigungstechniken in internationalen Eliteeinheiten, wie z.B. dem FBI-Geiselbefreiungsteam, GSG9 (Deutschland), NOCS (Italien) usw. unterrichtet.

Der Leiter des Sondereinsatzkommandos (MMAD) bei der Polizei, Savvas Christou, zeigte sich von der Vorführung sehr beeindruckt und meinte, dass Aspekte des WingTsun für die Ordnungshüter auf Zypern sehr nützlich sein könnten.
„Wir befürworten alle Sportarten sehr stark, und alle unsere Beamten erhalten Selbstverteidigungstraining“, sagte Christou.
Er fügte hinzu, dass seine Einheit es auf jeden Fall in Erwägung ziehen würde, die Polizeikräfte von WingTsun-Experten ausbilden zu lassen.
„Unseres Erachtens könnte diese Kampfkunst eine sehr praktische Hilfe bei unserer Arbeit sein, da etwa neunzig Prozent der Tatverdächtigen sich der Festnahme widersetzen. Wenn unsere Leute fähig sind, jemanden mit minimalem Kraft- und Gewalteinsatz unter Kontrolle zu bringen, dann ist das für alle gut.“

Professor Andreas Kapardis von der Abteilung für Jura & Strafrecht an der Universität Zypern bestätigte, dass angemessenes Kampfkunsttraining für Ordnungshüter überaus wichtig ist.
„Bei einer Festnahme müssen Polizeibeamte so wenig Schaden wie möglich anrichten, und mit entsprechendem Training nebst Disziplin sind sie in der Lage, eine Person unter Kontrolle zu bringen, ohne sie zu verletzen.“
Der Professor, der selbst Kampfkunst mit Begeisterung trainiert, fügte hinzu, dass die Vorzüge der Kampfkünste weit über bloße Selbstverteidigung hinausgehen.
„Die strenge mentale und körperliche Disziplin in den Kampfkünsten fördert die Gesundheit und Selbstbeherrschung, wodurch Polizeibeamte besser mit dem alltäglichen Stress ihres Berufs fertigwerden können. Und noch wichtiger: das Training gibt Schülern das Selbstbewusstsein, eine sehr brenzlige Situation ohne jede Gewaltanwendung zu entschärfen“, sagte Kapardis.

Übersetzung: R. Butler