WingTsun

Und es funktioniert doch …?

Im Oktober erreicht Großmeister Kernspecht überraschend eine Mail. Ihr Inhalt nimmt Bezug auf das ReakTsun-Programm und seine Praxistauglichkeit. Bedenkenträger melden an Letzterem ja immer wieder ihre Zweifel an. Haben sie Recht? Lassen wir den E-Mail-Schreiber selbst zu Wort kommen.

Hallo Sifu,
erst einmal Danke für das ReakTsun-Programm und dass wir es bei Dir lernen dürfen. In Kampfkunstkreisen wird es ja immer etwas belächelt und etwas schief angesehen: Was sollen diese weichen formlosen Bewegungen denn auf der Straße bringen? Gerade von den Vertretern der härteren Schiene – Karate, Kickboxen, Muay Thai etc. – wird uns wenig Verständnis entgegengebracht für unsere etwas seltsam aussehenden Trainingsmethoden.

Aber nun zum eigentlichen Anlass meiner Mail:

Es war Freitagnacht vor einer Woche. Mit einer Bekannten war ich in einer Disco etwas außerhalb von München unterwegs. Wir saßen an einem Tisch mit zwei Barhockern und waren sehr in unser Gespräch vertieft.
Ich registrierte den Typen, der zur Tür hereinkam, nur ganz beiläufig. Das Nächste, was ich spürte bzw. was mich aus meinem Gespräch riss, war ein heftiger Schlag gegen meine Schulter.
Aber der Schlag erwischte mich nicht wirklich. Mein Körper gab nach, wich dem Schlag aus und meine linke Hand war schon in der Nierengegend meines Angreifers. Die Situation wurde mir erst wieder richtig bewusst, oder sollte ich lieber sagen, ich übernahm erst wieder die Kontrolle über meinen Körper, als sich meine rechte Hand gedreht hatte und bereit zum Glibschen war, um meinen Angreifer endgültig handlungsunfähig zu machen.
Mein Kontrahent sah mich an und lächelte: „Wow, Robert, du bist ja drauf. Dein KungFu ist ja wirklich heftig.“ Natürlich führte ich das Glibschen mit anschließendem Schlag nicht mehr aus.
Leider kenne ich die Person bis heute nicht und ich war auch zu verblüfft und verwundert, um nach seinem Namen zu fragen. Zur Erläuterung: In der Gegend stand ich lange Jahre an der Tür. Ich baute dort meine erste WT-Schule auf und verbrachte zudem einige Jahre meiner Jugend in diesem Teil Münchens. Daher kennen mich viele Leute, die ich allerdings leider nicht immer wiedererkenne.
Ich dachte immer, dass ReakTsun lange Jahre der Übung braucht, um es zumindest ansatzweise Einsetzen zu können.
Weit gefehlt! Ich kann bis heute noch nicht beschreiben, was ich tatsächlich gemacht habe oder was eigentlich passierte. Ich konnte meinen Gegner ja nicht sehen. Ich registrierte den Angriff nicht bewusst. Es passierte einfach. „Es“ übernahm einfach die Kontrolle, um mich aus dieser Situation zu „retten“. Ich weiß jetzt nicht, ob es wieder klappen würde – nehme es aber ganz stark an.

Dieses Mal hat es funktioniert! Es ist einfach absolut genial, was beim Training mit dem Körper passiert, ohne dass man es wirklich wahrnimmt.
Der Praxistest ist ausgeführt! Auch wenn sein Schlag nicht gemeint war, um mich zu verletzen oder zu töten. Aber der Schlag wurde trotzdem mit voller Geschwindigkeit und mit einiger Kraft zu meiner Schulter ausgeführt.

Danke, SiFu!
Dein Schüler
Robert

Fotos: WingTsun-Zentrum München