WingTsun

Schulleiter stellen sich vor: Sifu Holger Seitz

Schaut man bei Wikipedia unter dem Stichwort Saulheim, findet man dort eine Liste mit regelmäßigen Veranstaltungen:
• Ober-Saulheimer Kerb alljährlich im August
• Nieder-Saulheimer Ritter-Hundt-Weinkerb alljährlich im September
• Backesbrunnenfest des Dorfvereins und der Backesbrunnenfestfreunde
jährlich am 1. Juliwochenende
• Immaculata am 8. Dezember in der katholischen Kirche mit darauf folgender
Andacht
Dem kann regelmäßiger wöchentlicher Unterricht in der WingTsun-Schule hinzugefügt werden. Wir stellen den EWTO-Schulleiter für Saulheim und Wörrstadt, Sifu Holger Seitz, vor.

Zur Person Sifu Holger Seitz:

Alter 47
Graduierung 3. HG (TG) WT
Weitere
WT-Qualifikationen             
Fachtrainer Kids-WingTsun, Gewaltprävention sowie
für Frauenselbstverteidigung; BlitzDefence
Mit WT begonnen 1999
Schulleiter seit 2004
WT-Lehrer und SiFu Sihing Herbert Schuster; seit dem Austritt meines
ursprünglichen Lehrers aus der EWTO ist Groß-
meister Keith R. Kernspecht mein SiFu; enger
Kontakt mit Sihing Georg Kissel (WT-Schulleiter
Mainz) und Sifu Mathias Gräsel sowie Seminare
und Lehrgänge mit DaiSifu Guiseppe Schembri
und DaiSifu Thomas Schrön
Ausbildung/Beruf Diplom-Kaufmann
Kinder 2
Hobbys neben dem WT Lesen; Aphorismen schreiben
Lieblingsfilm Ip Man
Lieblingsmusik Klassik (Bach, Kreisler, Vivaldi)
Lieblingsbuch Aphorismen (Benyoetz, Lec, Porchia), Kampfkunst,
Biomechanik
Lieblingsspeise Tiramisu
Lieblingsurlaubsziel in die Wärme
Ein schöner Tag ist für mich,
wenn …

… ich im Gleichgewicht bin.
 Mein WT-Motto Bei WingTsun geht’s ums Prinzip!


Zur WT-Schule:

Größe des Ausbilderteams 2
Ort Wörrstadt/Saulheim
Unterrichtsangebot WT Erwachsene sowie WT-Kindertraining
Anteil Männer/Frauen/Kinder 55 %/17 %/28 %
Termine pro Woche insgesamt 2 x Erwachsene; 1 x Kinder pro Woche
Anzahl Techniker 1


Interview:

WTW: Du bist in den 80ern schon einmal in Kassel mit WT in Berührung gekommen.
Was hat Dich später letztendlich zum WT geführt?

Sifu Holger: Ich bin über mehrere Jahre Judo und Taekwondo zum WT gekommen. Mich wunderte damals, dass viele hochgraduierte Schüler meiner Taekwondo-Schule kündigten. Auf meine Frage, weshalb sie dies täten, erzählten sie vom WingTsun und gaben in der Umkleide eine kleine Kostprobe von dem, was sie bis dahin WT-mäßig gelernt hatten. Ich war angetan, besuchte zwei WT-Probestunden, hielt aber noch einige Zeit am Taekwondo fest. Letztendlich haben mich die Kompromisslosigkeit und Effektivität sowie das biomechanische Konzept vom WT überzeugt.

Vorher hast Du lange Zeit Judo und Taekwondo trainiert. Konntest oder kannst Du davon im WT profitieren?

Judo und Taekwondo haben mir große Freude bereitet. Allerdings bin ich vor Jahren in eine brenzlige Situation (ReakTsun-Distanz) geraten, in der mir meine bis dahin erworbenen Kampfsportkenntnisse nicht viel genutzt hätten. Ich habe die Situation verbal gelöst, kam aber über die Effektivität meines bis dahin Gelernten ins Grübeln und somit zum WT. WT überzeugte mich von Anfang an, und die Freude daran ist bis heute unverändert groß geblieben.

Was hat Dich dazu gebracht, in einem Ort wie Saulheim Schulleiter zu werden?

Berufsbedingt verschlug es mich vor einigen Jahren nach Rheinhessen. Als im Sommer 2004 die Leitung der WT-Schule Wörrstadt/Saulheim zur Disposition stand, entschloss ich mich kurzfristig, diese zu übernehmen. Die notwendige Qualifikation besaß ich bereits, und zudem wollte ich meinen Töchtern die WT-Trainingsmöglichkeit an dieser Schule erhalten. Ich halte SV-Kenntnisse insbesondere für Mädchen für unabdingbar.

Wie kannst Du Deinen Beruf als Diplom Kaufmann in die WT-Schule einbringen und umgekehrt?

Seit der ersten WT-Unterrichtsstunde steuere ich die Schule betriebswirtschaftlich und controllinggerecht und bin überzeugt davon, dass dies einer der Schlüssel meines Erfolges ist. Zudem achte ich darauf, selbst eine fundierte und ausgeglichene WT-Aus- und -Weiterbildung zu erhalten. Mehrmals im Jahr organisiere ich größere WT-Lehrgänge z.B. mit DaiSifu Giuseppe Schembri oder DaiSifu Thomas Schrön und halte außerdem engen Kontakt zu angrenzenden Schulleitern, die auch gerne und zahlreich an den Lehrgängen teilnehmen.

Wie ist Deine Erfahrung: Geht das gut, wenn der Vater die Töchter im WT unterrichtet?

WT zu unterrichten bedeutet für mich „etwas den Kindern fürs Leben mitgeben“. WT ist nicht nur kompromisslose, zielorientierte Vorwärtsverteidigung, sondern stärkt das Selbstvertrauen und das Selbstbewusstsein. WT-ler gehen (selbst)sicherer durchs Leben.
Eigene Kinder zu unterrichten, ist kein Problem. Allerdings habe ich immer darauf geachtet, dass auch andere Interessen der Kinder nicht zu kurz kamen.

Du achtest im Kids-Unterricht darauf, dass Jungen und Mädchen jeweils zur Hälfte vertreten sind und führst sogar eine Warteliste. Was sind Deine Gründe hierfür?

Es gibt mehr an WT interessierte Eltern von Jungen als von Mädchen. Würde ich die Zusammensetzung nicht steuern, wäre daher der Anteil an Mädchen wesentlich geringer. Mit der 50:50-Konstellation habe ich ausgezeichnete Erfahrungen gemacht.
Der Hintergrund der Warteliste ist ein Kapazitätsproblem. Ich habe den Anspruch, das Training selbst zu halten und mich möglichst selten von Ausbildern vertreten zu lassen. Da ich WT nebenberuflich anbiete, ist es mir nicht möglich, die Trainingszeiten weiter auszubauen und eine bzw. mehrere weitere Unterrichtseinheiten anzubieten.

Dein großes Hobby neben dem WT sind Aphorismen. Du bist im Förderverein des Deutschen Aphorismus-Archivs e. V. (DAphA) und Preisträger. Was versteht man unter Aphorismen?

Vereinfacht gesagt sind Aphorismen kurze, prägnante Sinnsprüche. Die Beschäftigung und das Spiel mit der Sprache und mit eigenen Gedanken übt bereits seit meiner Schulzeit eine Faszination auf mich aus. So fiel mir z.B. beim Betrachten der morgendlichen Gesichter am Bahnhof der Aphorismus ein: „Manchen muss man auf den Kopf stellen, damit er ein freundliches Gesicht macht.“

Man sagt, Aphorismen regen die Menschen zum Denken an. Bringst Du das in Deinen WT-Unterricht ein?

Ja, absolut. Als WT-Schulleiter bin ich zwar mittendrin, sehe aber dennoch alles von außen. Ich verwende hin und wieder Formulierungen, die man erst bei genauem Hinhören versteht, die etwas auslösen; eine Prise Humor ist dabei unbedingt wichtig. Ich erreiche damit, dass mir in der Regel genau zugehört wird.

Fallen Dir ein paar treffende Aphorismen zum WT ein?

Ja, z.B. ist mir vor kurzem folgender Aphorismus eingefallen: „Bei WT geht’s ums Prinzip!“ Gut gefällt mir auch der Satz: „Entweder lernst du kämpfen, um nicht kämpfen zu müssen oder du musst kämpfen, um nicht kämpfen lernen zu müssen.“ Ich habe ihn vor einigen Jahren auf einem Lehrgang mit GM Kernspecht aufgeschnappt.

Wie hast Du begonnen, die WT-Schule im Landkreis bekannt zu machen?

Anfangs schaltete ich Zeitungsannoncen, legte Flyer aus und hängte Plakate vor dem Übungsraum auf. Am besten wirkt meiner Meinung nach allerdings ein interessantes, abwechslungsreiches und authentisches Training sowie Zuverlässigkeit und das Eingehen auf jeden einzelnen Schüler. Werbungsmäßig sind die „Mund-zu-Mund-Propaganda“ sowie die Akzeptanz in Polizei- und Sicherheitskreisen die beste Werbung.

Welche Übungen kommen am besten in Deinem Unterricht an?

Ganz klar: „Kompromisslose Selbstverteidigung!“

Du spielst im Unterricht gerne aktuelle Gewaltvorfälle aus der Region durch. Welche Erfahrungen hast Du bisher mit dieser Art von Rollenspiel gemacht?

Insbesondere im Kindertraining thematisiere ich auch Vorfälle, die die Kinder selbst erlebt bzw. die sie bei anderen gesehen haben. Wir erarbeiten dann gemeinsam Verhaltensweisen über „Situation erkennen“, „Situation vermeiden“, „Gewaltprävention“ und natürlich, falls das Vorherige nichts nutzt, „BlitzDefence“, „Universallösung“, „Kettenfauststoßsalven“, …

Mit welchen Eigenschaften siehst Du Dich selbst als WT-Lehrer?

Ich sehe mich als Coach und Förderer meiner Schüler.

Was bedeutet das Unterrichten für Dich?

WT zu unterrichten ist für mich, in eine „andere Welt“ einzutauchen, mich vom Alltag zu lösen und voll konzentriert auf WT zu sein, außerdem meine Schüler zu motivieren und für WT dauerhaft zu begeistern.

Welche kurz- und langfristigen Visionen hast Du mit Deiner WT-Schule?

Ich möchte noch lange unterrichten und wünsche mir, dass meine Schüler weiter viel Freude am WT haben werden. Auf meine beiden Ausbilder kann ich mich hundertprozentig verlassen und möchte mich an dieser Stelle bei ihnen bedanken.
Wichtig ist mir auch, stets die Qualität meines Unterrichtes weiter aufrecht zu erhalten und dass ich durch eigene Weiterbildung sowie Fortbildung meiner Ausbilder das Training ständig interessant halte und verbessere.

Was willst Du den Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben?

„Nah an der Quelle ist das Wasser am reinsten.“ Das heißt, nutzt Lehrgänge mit Meistern und Großmeistern und lernt von ihnen das authentische WingTsun.

Das Interview führte Sifu Oliver C. Pfannenstiel
Fotos: WT-Schule Saulheim