Ein ganz normaler Ausbilderlehrgang – mit Riesenüberraschung
Vier Mal im Jahr werden von der EWTO spezielle Lehrgänge für WingTsunler angeboten, die den Hobby-Bereich des WingTsun verlassen möchten, um als Ausbilder bzw. Lehrer zu unterrichten. Hier bekommen sie das nötige Know-how, wie ein Unterricht zu gestalten ist – im Ablauf und inhaltlich –und was man sonst als Lehrender noch wissen sollte.
Ein solcher Lehrgang wird jeweils im Januar in Kiel im Norden Deutschlands, zu Ostern und im Frühherbst in Wiesenbach in der Nähe Heidelbergs und im November in der bayrischen Metropole München angeboten.
Am Samstagmorgen, 03. November, begann der diesjährige, routiniert vom Heidelberger Headoffice-Team vorbereitete Ausbilderlehrgang pünktlich um 8.00 Uhr in der großen Dreifach-Turnhalle in München-Neuaubing. Alles lief nach Plan: Ein paar einleitende Worte von DaiSifu Andreas Groß und die Aufteilung der großen Gruppe je nach Graduierung in Übungsleiter, TR1, TR2 und TR3. Dann senkten sich die Trennwände in der großen Halle und DaiSifu Giuseppe Schembri übernahm den Unterricht in den traditionellen WingTsun-Programme, DaiSifu Oliver König unterrichtete die modernen Programme, Sifu Matthias Gold vermittelte Hintergründe für die Unterrichtsgestaltung oder gab u.a. Argumente für die Vorzüge des WingTsun an die Hand und Sifu Regula Schembri vermittelte ChiKung-Kenntnisse, die sofort im WingTsun-Unterricht einfließen können. Im Anderthalb-Stunden-Rhythmus mit je einer kurzen Pause wechselten die Gruppen von Lehrer zu Lehrer. Mittags war die Pause ausreichend für ein geruhsames Mittagessen, um gestärkt in die zweite Hälfte der Unterrichtseinheiten zu gehen.
Inzwischen hatten sich noch weitere WingTsunler in der Halle eingefunden – sie waren keineswegs zu spät gekommen. Sie warteten darauf, dass das ebenfalls zu diesem Wochenende gehörende TR4-Seminar mit Großmeister Kernspecht (10. Grad) beginnt. Alle waren gespannt darauf, was er zum Thema „Die Evolution des WingTsun von Ng Mui bis Chan Wah Shun“ erzählen würde.
Es war faszinierend, wie er dann locker und spannend über das vermeintlich „trockene Geschichtsthema“ plauderte und aufkommende Fragen beantwortete. Im Anschluss fand noch eine TR4-Prüfung statt, zu der sich mehrere Prüflinge angemeldet hatten.
Abschluss dieses normalen Ablaufs des ersten Tages bildete der schriftliche Test, zu dem sich wieder alle gemeinsam in der ungeteilten Halle trafen.
Geschafft für heute! Ab nach Hause oder in die Unterkunft, zum Abendessen und Aufarbeiten des durchgenommenen Unterrichtsstoffs und vielleicht auch noch ein bisschen Schlaf.
Am Sonntagmorgen begann pünktlich um 8.00 Uhr der Prüfungstag. Auf dem Plan standen für jeden drei mündliche und zwei praktische Prüfungen. Wieder eine kurze Begrüßung und die Verteilung der Gruppen.
Ein Teil der Halle war mit Tischen und Stühlen für die drei mündlichen Prüfungen ausgestattet inkl. Wartezone. In den anderen beiden Hallenteilen starteten die praktischen Prüfungen. Jeweils 10er/12er-Gruppen wurden zur Prüfung aufgerufen. Die Übrigen trainierten derweil weiter ihre Programme.
Plötzlich hoben sich am späten Vormittag die Trennwände der Dreifach-Turnhalle und alle wurden zusammengerufen. „Aufstellung!“, schallte es durch den Raum. Großmeister Kernspecht stand mit seinen Meistern vor der Gruppe und wartete bis Ruhe eingekehrt war. Dann nahm er eine Urkunde vom Tisch und verkündete: „Hiermit verleihe ich den 8. PG an DaiSifu Thomas Schrön!“
Alle Anwesenden applaudierten begeistert. Kameras klickten und hielten den denkwürdigen Moment fest.
Als gerade wieder etwas Ruhe eingekehrt war, nahm Großmeister Kernspecht noch eine zweite Urkunde zur Hand. „Hiermit ernenne ich DaiSifu Giuseppe Schembri zum „Man of Arrival!“ Alle Anwesenden brachen in Jubel aus. Das war ein historischer Moment für die EWTO: Der zweite europäische WingTsun-Großmeister war soeben ernannt worden: Großmeister Giuseppe Schembri, 9. Grad WT.
Als dann weitere Fotos geschossen wurden, hätte man eine Stecknadel in der Halle fallen hören können. Mit solch einer Riesenüberraschung hatte niemand gerechnet.
Die sich herabsenkenden Trennwände machten dann allerdings deutlich, dass nun wieder der Ausbilderlehrgang im Vordergrund stand. Schnell versuchten einige Teilnehmer noch, ein paar Glückwünsche an die ausgezeichneten Meister bzw. Großmeister loszuwerden, bevor sie sich zurück in ihre Gruppen begaben.
Großmeister Kernspecht übernahm anschließend die praktische Prüfung der TR2- und TR3-Kandidaten. Hier ging es um Schubsen und wie man locker dabei das Gleichgewicht behält. Zumindest konnte er es, wenn er sich von den Lehrgangsteilnehmern schubsen ließ: Egal, wohin die Schubserei auch ging, er entging allen Schubsattacken.
Die nächste Prüfungsgruppe des übers ganze Gesicht strahlenden frisch gebackenen Großmeisters war anschließend mächtig stolz: „Wahnsinn! Wir waren die erste Prüfungsgruppe von Großmeister Schembri!“ Das kann nicht jeder von sich behaupten. Aber auch DaiSifu Thomas Schrön musste für den Rest des Lehrgangs noch zahlreiche Glückwünsche entgegennehmen.
Viele Urkunden und Glückwünsche gab es natürlich auch für die frisch gebackenen Übungsleiter-, TR1-, TR2-, und TR3-Absolventen, die zusätzlich noch auf einem ganz normalen Ausbilderlehrgang eine Riesenüberraschung erleben durften.
Text und Fotos: hm