EWTO

Die Quelle in Dir

Intro
Der Vorhang öffnet sich langsam, gibt den Blick frei auf eine dunkle Bühne: schwarze Wände, gedämpftes Licht. Ein schwarzgekleideter Mann erscheint. Legt sein Jackett ab und macht sich an die Arbeit. Rote und weiße Farbe zerschneidet die große schwarze Fläche. Der Mann trägt sie schwungvoll mit Pinsel und Spraydose auf. Ein zweiter Mann betritt die Bühne: Sonnenbrille im Haar, Lederjacke, Baggy-Pants. Musik setzt ein und er singt. Hockenheim im Juni 2011.

Strophe

Die Stadthalle von Hockenheim ist gefüllt mit 350 Gästen – Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Internationalen EWTO-Lehrgangs 2011 und ihre Begleitungen. Der Sänger – Aka Hassaballah oder kurz Aka steht allein mit Mikrofon auf der Bühne und stimmt mit souliger, warmer Stimme eine Ballade an. Kein unnötiges Gehabe, dafür Texte mit Tiefgang. Und im Hintergrund entstehen derweil auf den Wänden Graffitis.

Bridge

Nach dem Erfolg im letzten Jahr war es im Grunde keine Frage, dass auch der diesjährige Internationale Lehrgang wieder in der Stadthalle von Hockenheim stattfinden würde. Die Anwohner sind es mittlerweile gewohnt, dass auf dem Platz vor ihrer Stadthalle einmal keine motorsportbegeisterten Menschen Ferrari- oder Mercedes-Fahnen schwenken, sondern Menschen mit und ohne Waffen miteinander üben und sich dem Escrima und WingTsun hingeben. Dazu wehen die EWTO-Banner im Wind. Da der Wettergott auch in diesem Jahr wieder ein Einsehen hatte, erfreuten sich die zahlreichen Teilnehmer oftmals unter freiem Himmel am Unterricht der Großmeister und Meister, die in diesem Jahr ganz dem Motto „Kampfkunst aus Prinzip“ folgten.

Strophe

„Steht da nicht Timing? Und dort Kampfgeist?“, fragt eine der Zuschauerinnen und langsam wird deutlich, dass es sich bei diesem Auftritt während der Abendveranstaltung des Internationalen Lehrgangs nicht nur um eine einfache musikalische Darbietung handelt. Die „Großen Sieben“, das Lehrgangsmotto des letzten Jahres, sind auch an diesem Wochenende in jedem Unterricht omnipräsent, halten nun Einzug beim Ereignis des Lehrgangs, bei dem alle abseits von Kampf und Übungen ihrer Freude über ein tolles Wochenende Ausdruck verleihen können.
Der Sänger endet, bekommt viel Applaus und wird von DaiSifu Andreas Groß kurz interviewt. Ein rotes Sofa wird hereingetragen. Der jüngste und der älteste Lehrgangsteilnehmer dürfen mit Aka vor der Bühne Platz nehmen. Auf der Bühne wird der Blick freigegeben auf eine große Videoleinwand.

Refrain

Bilder eines tristen Lebens, geprägt von Rückschlägen und Enttäuschungen: Der Job futsch, die Freundin untreu, die nächstbeste Gang ist auf Streit aus. Das neue Video von Aka zu seinem Song „Die Quelle“ läuft auf der Leinwand. Aka selbst spielt die Hauptperson und als er auf der Leinwand gleich von mehreren Rabauken drangsaliert wird, denken viele im Publikum: „Da könnten wir helfen…!“
Im Video ist es eine junge Frau, die schlagfertig und deutlich den jungen Mann aus der Situation rettet. Und anhand ihrer Bewegungen erkennen die Zuschauer plötzlich: „Da haben wir schon geholfen.“
Bilder und Text fließen zusammen und das zunächst noch undeutliche Bild wird langsam klar. Hier ist einer auf dem Weg, sein Leben auf die Reihe zu kriegen. Wir sehen, dass ihm WingTsun dabei eine große Hilfe ist. Wir verfolgen seinen Weg, den viele von uns bereits beschritten haben. Sehen seine Fortschritte und auch, dass im restlichen Leben alles gerader läuft als vorher. Aus dem ängstlichen Jungen wird ein Mann, aus einer scheinbaren Videovorführung ein Event und aus Zuschauern werden Beteiligte, die sich das erste Mal in dieser Form repräsentiert sehen.

Fade out

Als das Video endet, will der Beifall nicht nachlassen. Der junge Künstler steht bescheiden auf der Bühne und applaudiert zurück. Ein Song über WingTsun und ein Video dazu. Und ein Künstler, der sich auf ein Abenteuer und Experiment eingelassen hat, welches bestimmt noch von sich reden machen wird.
Gespannt dürfen wir sein, was uns im nächsten Jahr neben dem tollen und mitreißenden Unterricht erwartet. Die Messlatte ist hoch gelegt. Aus Prinzip.

Text: Frank Aichlseder
Fotos: mg