Die fünf Phasen des Kampfes
Eine schlechte Story, die tagtäglich passieren kann: Im Flur eines Hausblocks steht ein Täter am Fahrstuhl. Das unwissende Opfer kommt den Gang entlang und wird vom Täter attackiert…
Wenn die Kommunikation mit dem Täter nicht zustande kommt oder versagt und es gleich zum Angriff kommt, beginnt die 1. Phase des totalen Kampfes:
Phase 1: Kampf mit den Füßen
Zum Überbrücken der Entfernung setzt der WT-ler eine gerade Fußtechnik (verlängerter Schritt) ein oder er wehrt mit dem (verlängerten) Zirkelschritt den tiefen oder mittleren Tritt des Gegners ab.
Phase 2: Kampf mit den Händen
Während das Bein vorgeht, werden gleichzeitig die Hände zentral mit nach vorne gestoßen und die 2. Phase des Kampfes beginnt übergangslos. Denke daran: „Ist der Weg frei, stoße vor.“ Die passiven Abwehrreaktionen Bong-, Tan-, Djam- und Kao-Sao entstehen bei Widerstand. Ist der Weg dann wieder frei, stoße vor.
Phase 3: Kampf mit den Ellbogen und Knien
Nach den eingeleiteten Fuß- und Handangriffen folgen in der 3. Phase einfache Knie- und Ellbogenangriffe bzw. -abwehren. Sie entstehen durch gegnerische Blocks oder Angriffe passiv oder durch kurze Distanz zum Gegner auch aktiv. Hier sind die Prinzipien: „Ist der Weg frei, stoße vor!“ bzw. „Ist die Kraft des Gegners größer, gib nach!“ anzuwenden.
Die Phasen 4 und 5 werden in der Grundstufe noch nicht vermittelt, da besonders der Anfänger nur durch einen Angriff zum Sieg kommen kann. Hier sind die BlitzDefence-Programme sehr wichtig.
Phase 4: Kampf mit Halten, Hebeln, Immobilisieren, Kontrollieren, Würgen, Werfen, Gegenwerfen
In dieser 4. Phase wird durch Hebeln, Kontrollieren, Werfen, Immobilisieren, zusammengefasst „die sanften Mittel“, versucht den Gegner ohne Schläge unter Kontrolle zu bringen. Für Polizisten z.B. ist diese Anwendung sehr bedeutsam, um ihre Gegner durch Einsatz von Kontroll- und Festnahmetechniken zu überwältigen, aber nicht ernsthaft zu verletzen.
Phase 5: Kampf am Boden
Die 5. Phase, der Bodenkampf, wird wie die vorherige Phase als zusätzliches Aufbauprogramm bei fortgeschrittenen Schülern unterrichtet. Es ist schon immer Bestandteil der Schülerprogramme gewesen, das aber im Rahmen der Anpassung der Schülergrad-Programme neu strukturiert wurde. Ziel ist es vorrangig, den Gegner zu kontrollieren und dadurch einen eigenen Arm oder Bein für einen Stoß oder Tritt freizubekommen.
In der Fotoserie sind die Phasen mit ihren unterschiedlichen Distanzen und einige Techniken erläutert. Der Kampf sollte in der Realität keineswegs durch alle Phasen gehen. Das gilt unbedingt für den Anfänger!
Da sich die Kampfstile weiterentwickelt und untereinander gemischt haben, passen wir WT-ler uns den Gegebenheiten immer wieder an. Durch die neu eingeführten Programme von Großmeister K.R. Kernspecht und von Dai-Sifu Victor Gutierrez werden besonders die sehr nahen Distanzen bzw. der Bodenkampf qualitativ verbessert.
Das von GM Kernspecht entwickelte ReakTsun-Programm wird beginnend auf den 7. Schülergrad unterrichtet (vgl. WingTsun-Welt Nr. 32).
Die Combat-Drills sind ab dem 4. Schülergrad und die Arbeit am Boden – Bodenform und Anti-Groundfighting – wird ab dem 6. Schülergrad Unterrichtsbestandteil.
Text und Fotos: Kerstin Kunz, 12. SG WT