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Auf ins zweite Semster!

Zum Abschluss des ersten Semesters des neu geschaffenen Studienganges „Sportpädagogik mit Spezialsierung WingTsun“ waren mehr als 30 WT-Studenten vom 9. bis zum 16. September in Begleitung von Professor Kernspecht zum ersten Mal nach Bulgarien gereist, um die obligatorischen Präsenztage an „ihrer“ Universität „Paissij Hilendarski“ zu absolvieren.

Auch wenn der Studiengang „Sportpädagogik mit Spezialsierung WingTsun“ als typisches Fernstudium konzipiert ist, das ein Studieren bei voller Erwerbstätigkeit ermöglicht, sind dennoch insgesamt drei Wochen pro Semester theoretische und praktische Intensivausbildung sowohl an der Trainerakademie Schloss Langenzell als auch an der Universität Plovdiv vorgeschrieben. Nachdem bereits der jeweils einwöchige Theorie- und Praxisunterricht auf Schloss Langenzell erfolgreich abgeschlossen worden war, erwarteten nun alle mit Spannung den ersten Bulgarienaufenthalt.

Die Reise ging nach Kiten, einem Ferienort am Schwarzen Meer, wo sich die Außenstelle der Plovdiver Universität für die praktische und theoretische Ausbildung in verschiedenen Wassersportarten befindet. Denn für die WT-Studenten stand im ersten Semester die praktische Ausbildung im Wasserskifahren und Windsurfen auf dem Lehrplan!

Dass sich Bulgarien mit Riesenschritten nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich der Europäischen Gemeinschaft annähert, konnten die Studenten aus Deutschland gleich bei ihrer Ankunft feststellen: das neu erbaute Vier-Sterne-Hotel Marina sollte für den gesamten Aufenthalt keinerlei Wünsche offen lassen. Professor Margaritov, dem Dekan der Universität Plovdiv, war die vorbildliche Unterbringung seiner Studenten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ein besonderes Anliegen und er wollte es sich während des gesamten Aufenthaltes nicht nehmen lassen, sich persönlich um alle Wünsche seiner Studenten zu kümmern.

Sowohl theoretische Inhalte als auch praktischen Sportunterricht in einer einzigen Woche fundiert zu vermitteln bedeutete, dass die WT-Studenten einen straff strukturierten Stundenplan erfüllen mussten.

Gleich am ersten Tag um 9 Uhr morgens begannen die Vorlesungen. Auf dem Lehrplan standen Allgemeine Anatomie, Psychologie und Geschichte des Sports. Wer vermutet hatte, dass die WT-ler den Theorieteil nur „absitzen“ würden, um sich dann mit um so größerer Freude den sportlichen Aktivitäten am Nachmittag widmen zu können, wurde bereits zu Beginn der ersten Vorlesung eines Besseren belehrt. Professor Margaritov war es gelungen, erstklassige Professoren und Dozenten für diesen Studiengang zu gewinnen, die weit über die Grenzen Bulgariens hinaus einen hervorragenden Ruf genießen. Kein Wunder also, dass die WT-Studenten jeden morgen hoch motiviert zur „trockenen“ Theorie in den Seminarraum pilgerten.

Während der ersten drei Tage hatte es sich Professor Koitchev zur Aufgabe gemacht, das scheinbar unmögliche zu leisten und innerhalb dieser beschränkten Zeit eine fundierte Einführung in die Allgemeine Anatomie des menschlichen Körpers zu vermitteln. Für Verblüffung sorgte der sympathische Gelehrte vor allem durch seine einwandfreien Deutschkenntnisse, die es ihm erlaubten selbst schwierigste Sachverhalte ohne Dolmetscher zu referieren. Angesichts der Aussicht, wie viele Stunden intensiven Lernens nötig sein werden, um sich in den nächsten Jahren das umfangreiche Wissen aneignen zu müssen, das ein erfolgreicher Studienabschluss erfordert, war eine gewisse Bewunderung für das enorm weitreichende Fachwissen der Dozenten nicht von der Hand zu weisen.

Nicht nur die WT-Studenten, sondern auch Professor K. R. Kernspecht – der selbstverständlich den Vorlesungen seiner Kollegen beiwohnte, ohne diesmal selbst zu unterrichten – waren besonders gespannt auf die Einführung in die Psychologie durch Professor Kaikov. Kaikovs Spezialgebiet war über viele Jahre die Erforschung der psychischen Vorgänge unter extremen Stressbedingungen, u.a. auch bei Kampfsportlern. Obwohl Professor Kaikov seine Vorträge auf Bulgarisch hielt, stellte die Sprachbarriere dank der Simultanübersetzung durch Jossif Heder kein Hindernis für das gute Verständnis seitens der deutschsprachigen Studenten dar.

Überhaupt wäre ohne den – im wahrsten Sinne des Wortes – unermüdlichen Einsatz von Jossif, der viele Jahre in Deutschland studierte und hier auch WingTsun bis zum 2. TG erlernte, der reibungslose Ablauf der gesamten Veranstaltung nicht möglich gewesen.

Auch Dozent Petrov, der über die Geschichte des Sports referierte, konnte so die Faszination seines interessanten Wissensgebietes übermitteln. Petrov unterrichtete die WT-Studenten auch in Theorie und Praxis des Wasserskifahrens und Windsurfens.

Morgens das Gehirn anstrengen, nachmittags Sport treiben. Genau so stellt man sich einen Studiengang Sportpädagogik vor.

Nach der Mittagspause ging es täglich an den Strand, um sich mit den für die meisten gänzlich unbekannten Disziplinen Wasserski und Windsurfen anzufreunden. Gar kein leichtes Unterfangen – trotz jahrelangen Kung Fu-Trainings. Eigentlich unmöglich!

Wenigstens die Erkenntnis, dass noch nie ein Meister vom Himmel fiel, ist den WT-lern in jahrelangem Training in Fleisch und Blut übergegangen. Und bestimmt ist Chi-Sao- und IRAS-Training ja auch ein wenig hilfreich, um auf einem Brett im Wasser die Balance zu halten oder den ruckartigen Zug des anfahrenden Motorbootes besser auszugleichen. Denn schon am zweiten Tag zeigten sich einige Studenten als beinahe naturbegabt, und nach einer Woche hatten alle sehr große Fortschritte gemacht. Nicht, dass keine Übung mehr notwendig wäre, doch Dozent Petrov konnte allen eine erfolgreiche Teilnahme am Anfängerkurs bescheinigen.

Nach einem erfüllten Studientag und einem reichlichen Abendessen wollten zwar die wenigstens noch richtig auf den Putz hauen, doch auf ein gemütliches Bier in der Hotel-Lounge traf man sich doch gerne. Das ausnehmend gute Gemeinschaftsgefühl, das sich bereits während der ersten beiden Studienwochen auf Schloss Langenzell entwickelt hatte, wurde in Bulgarien weiter gefestigt und ausgebaut.

So verging die Zeit wie im Flug und mancher konnte es kaum glauben, als nach einer Woche die Koffer wieder gepackt werden mussten. Voll zufrieden, zu Recht stolz und vielleicht ein bisschen überrascht kehrten alle Teilnehmer, Studenten, Dozenten und Professoren mit einem Gedanken nach Hause zurück: Das erste Semester wurde erfolgreich abgeschlossen!

Es ist keineswegs selbstverständlich, dass ein einzigartiges Projekt wie dieser Studiengang, das in jedem Moment über einen langen Zeitraum hinweg von allen Beteiligten wahre Pionierarbeit fordert, so weit und vielversprechend gediehen ist.

WingTsun als Studienfach an einer renommierten Universität – eine Vision, die sich mehr und mehr verwirklicht: Auf ins zweite Semester!