EWTO

Nachruf auf Sifu Frank Schäfer

Am 15.8.2022 starb nach kurzer, schwerer Krankheit, Sifu Frank Schäfer, 8. MG WingTsun. Mit ihm verliert die EWTO nicht nur ihren langjährigen Vertreter in den Niederlanden, sondern einen Meister, der sein ganzes Leben wie nur wenige dem Studium und der Verbreitung des WingTsun widmete.

Frank war fast noch ein Kind als er mit 13 Jahren 1980 bei einem Lehrgang seinen SiFu, Großmeister Kernspecht, kennenlernte. Hier wurde die Begeisterung für WingTsun entfacht, die ihn sein Leben lang nicht mehr verlassen sollte. Als er 1981 endlich 14 Jahre alt geworden war und fortan offiziell als Jugendlicher galt, trat er am 30.6.1981 in die EWTO ein. WingTsun für Kinder in Form eines speziellen Angebotes, wie es heute als Kids-WingTsun bekannt ist, gab es damals noch nicht.
Frank Schäfer fiel seinem SiFu von Beginn an vor allem durch seinen enormen Ehrgeiz und unermüdlichen Trainingsfleiß auf. So war es auch nicht verwunderlich, dass er bereits 1982 begann, in Kassel in einer AG WingTsun zu unterrichten. 1985 erreichte er als damals jüngstes EWTO-Mitglied den 1. Technikergrad.
Ein Jahr später, als 19-Jähriger (!), reifte während eines Besuches bei seiner Tante in Amsterdam die Idee, WingTsun in den Niederlanden anzubieten. Nach mehreren Gesprächen konnte er seinen SiFu davon überzeugen, ihm trotz seines jungen Alters den Posten des EWTO-Nationaltrainers für die Niederlande anzuvertrauen. Ermutigt und unterstützt wurde er in diesem Vorhaben von Anfang an von seiner späteren Frau Petra. 1988 verlieh ihm sein SiFu, GM Kernspecht, aufgrund seiner vielfältigen Verdienste den Sifu-Titel. Wieder war er – mit 21 Jahren – einer der jüngsten Träger dieses Titels in der Geschichte der EWTO. Noch im gleichen Jahr heiratete er Petra, die ihrem Mann Frank in puncto Zielstrebigkeit nicht nachstand. Als erste Frau in der EWTO erreichte sie 2004 den 5. und 2009 den 6. Meistergrad. Bis heute ist sie die höchstgraduierte WT-Meisterin im Verband.


Gemeinsam baute dieses WingTsun-Power-Paar nicht nur die NWTO – den niederländischen Zweig der EWTO – auf, sondern beschritt auch immer wieder neue Wege, auf denen sie mehr als einmal ihrer Zeit voraus waren. So setzte sich Sifu Frank Schäfer schon sehr früh mit dem MMA auseinander als dieses noch in den Kinderschuhen steckte. Denn in den Niederlanden entstanden, nicht zuletzt durch das Wirken des legendären Kaicho Jon Bluming, die schon früh die ersten Kampfsportschulen aus denen brandgefährliche Wettkämpfer hervor gingen.
Frank Schäfer war auch einer der Pioniere, die die zeitlosen philosophischen Prinzipien hinter dem WingTsun mit Konzepten des Coachings verknüpften. Inspiriert durch die Ansätze des berühmten Psychologen und Psychotherapeuten Carl Rogers entwickelte Frank sein Konzept der „CoreMunication“. Sein gleichnamiges Buch erschien im Jahr 2000 und ist auch heute noch über den EWTO-Verlag erhältlich.

Franks Neugier und Wissensdurst blieb auch nach Jahren und Jahrzehnten seiner langen WingTsun Karriere immer lebendig. Die Forschungsarbeiten seines SiFus, GM Kernspecht, verfolgte er stets in Theorie und Praxis, so dass er 2009 erfolgreich die Prüfung zum 7. Meistergrad WingTsun ablegen konnte. Damit gab er sich jedoch nicht zufrieden. 2012 schrieb er sich zum EWTO Bachelor-Studiengang „Martial Arts“ an der Universität Derby-Buxton ein. Nach Abschluss mit Bestnote schloss er 2016 den Magister-Studiengang „Sport – Kampfkünste“ an der Universität Plovdiv an, den er 2018 mit Auszeichnung beendete.

2019 erhielt Frank von seinem SiFu den 8. Meistergrad im WingTsun.
 

Mit nur 55 Jahren wurde Sifu Frank Schäfer aus dem Leben und aus unserer Mitte gerissen. Mit ihm verlieren wir einen offenherzigen Freund und Kollegen, einen ambitionierten Lehrer und talentierten WT-Meister, der nie aufgehört hat, daran zu arbeiten, seine Fähigkeiten immer weiter zu verbessern.

R.I.P Sifu Frank Schäfer
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