Gemeinsam statt einsam – was gilt es, bei der Körpereinheit zu beachten?
Dieses Mal verraten wir euch, wie ihr euren Fauststoß noch stärker machen könnt. Eine einsame Faust – vielleicht mit Unterstützung vom Arm – wird nicht allzu viel ausrichten. Die durchschlagendste Wirkung erreichen wir damit nicht. Am besten klappt das, wenn wir mit der versammelten Mannschaft namens Körpereinheit antreten.
„Körpereinheit“ ist etwas typisch Chinesisches. Man könnte sie als einen Spezialfall von „Koordination“, der auch etwas mit Timing zu tun hat, bezeichnen.
Aber wer gehört nun zur versammelten Mannschaft, zum Team? Das lernen wir in unserem WingTsun-Unterricht schrittweise.
In der SiuNimTau lernen wir zunächst, die Arme unverspannt und in ökonomischer Weise zu bewegen. Danach kommen in der ChamKiu zusätzlich die Beine ins Spiel. Es müssen in dieser Form verschiedene Körperteile gleichzeitig bewegt und so koordiniert werden, dass sie, obwohl sie unterschiedlich lange Wege zurückzulegen haben, zur gleichen Zeit ihr Ziel erreichen. Hier haben wir zum ersten Mal mit einer Form von Timing zu tun: dem Selbsttiming. Wir sind, wenn wir an den Textanfang zurückschauen, damit auf dem besten Wege zur Körpereinheit.
Schaffen wir es schließlich unsere ganzen Fähigkeiten in eine einzige wirkungsvolle Aktion einzubringen, gelangen wir zur Körpereinheit. Wir machen keine nur auf einen Körperteil beschränkten Bewegungen mehr, sondern unser ganzer Körper bewegt sich mit natürlicher und müheloser Leichtigkeit.
Arme, Beine und der Rumpf bilden beim Angriff eine Einheit.
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Die mit hoher Geschwindigkeit einschlagende Faust liefert nur noch die Auftrefffläche, die die in Einklang gebrachte Gesamtkraft aus Füßen, Beinen, Rumpf, Schultern, Ellbogen und Handgelenken auf das Ziel überträgt. Jeder Körperabschnitt vom Scheitel bis zur Fußsohle trägt im Gleichgewicht und dementsprechend unverspannt dazu bei, die benötigte Kraft gleichzeitig explosiv abzugeben. Eine Bemerkung am Rande: Unverspannt ist keinesfalls mit schlaff gleichzusetzen!
Bislang war immer nur die Rede vom Körper und seiner Einheit. Für erfolgreiches Kämpfen gehört allerdings auch noch unser Geist, unsere Psyche dazu, der/die im Einklang sein muss. Um diesen Anteil mit einzuschließen, verwendet Großmeister Kernspecht zur Verdeutlichung bzw. Unterscheidung in diesem Fall den Begriff Leibeseinheit.
Allerdings ist dies ein weiter Weg, der nicht unbedingt im Handumdrehen gelernt beschritten werden kann. WingTsun wäre aber nicht WingTsun, wenn es nicht auch noch eine andere Möglichkeit gäbe, mehr Power in einen Schlag zu legen. Die Rede ist vom „Falling Step“.
Der „Falling Step“
Ansteuern der richtigen Muskelgruppen im gesamten Körper führt zum wirkungsvollen Treffer.
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Die Kurzfassung: Wenn ihr zustoßt, macht ihr das getimt mit einem Schritt. Trifft der Schlag auf, sollte im selben Moment auch der Schritt auftreffen. Dadurch „fällt“ das Körpergewicht in den Schlag. Die Faust dient quasi nur als Übertragungsmedium.
Aber anders als bei der Leibeseinheit, spielt hier nur das Körpergewicht eine Rolle. Natürlich ist ein Schlag mit Leibeseinheit wiederum um ein Vielfaches effizienter, allerdings auch wie oben erwähnt, schwieriger zu meistern.
Übung zum „Falling Step“
Schnappt euch ein Schlagpolster und stellt euch in Blitz-1-Position vor euren Partner, der das Polster hält. Übt immer wieder einen deutlichen und starken Schlag auf die Pratze zu geben, wobei indem ihr mit dem Falling-Step arbeitet. Am besten sollte es nur ein Geräusch geben – nicht eines vom Fuß und eines vom Schlag.
Ein Geräusch und ihr habt alles richtig gemacht! Und eine super Möglichkeit, euer „Selbsttiming“ quasi selbst kontrollierend zu verbessern …
Viel Erfolg beim Üben!
Text: Sadek Radde/hm
Fotos: mg