Auf die Plätze – fertig – los!? Selbstverteidigung muss auch ohne Ansage gehen!
Manchmal spricht man von Kampfsport und manchmal von Kampfkunst. Zu Recht fragen einige, was denn der Unterschied ist. In diesem Artikel betrachten wir einige Unterschiede und erklären, warum WingTsun sehr gut für die Selbstverteidigung geeignet ist und die Bezeichnung Kampfsport nicht passt.
Wenn wir einmal in eine Auseinandersetzung auf der Straße geraten, müssen wir mit sämtlichen Schlägen und Tritten rechnen, die es geben mag. Auch Kopfstöße, Spucken und Beleidigungen können an der Tagesordnung sein. Wir wissen schlichtweg nicht, welche Angriffe uns erwarten. Wir können nichts ausschließen. Das ist das Schwierige an einer Selbstverteidigungssituation. Wir müssen also auf alles gefasst und vorbereitet sein.
Unberechenbar: Angriffe auf der Straße
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Dagegen ist bei einer sportlichen Veranstaltung – sprich einem Wettkampf – über ein Regelwerk festgelegt, was gemacht werden darf und was nicht. Selbst in der UFC gibt es Regeln, die beispielsweise bereits bei mit einer „Kleiderordnung“ beginnen. Außerdem sind bestimmte Angriffe verboten, die zu einer schweren Schädigung der Kämpfer im Sport führen könnten.
Natürlich ist es schön, sich in sportlicher Weise zu betätigen und sich mit anderen zu messen. Allerdings ist das im Bereich des Kämpfens mit gewissen Risiken verbunden. Deswegen wird im Kampfsport sehr viel reglementiert. Diese Regeln gibt es aber in der Selbstverteidigungssituation nicht.
Wir können jederzeit unvorhergesehen in eine Auseinandersetzung geraten. Ein schiefer Blick, ein dummer Spruch oder ein Rempeln reichen als Anlass oft schon aus.
Ohne Regeln: Auf der Straße sind Kämpfe selten fair.
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Deswegen beginnen solche Selbstverteidigungssituationen auch in einer viel näheren Distanz als beispielsweise beim Kampfsport, bei dem die Kämpfer aus einem festgelegten Abstand heraus starten.
Durch den Boxring bzw. die Matte ist ein klar definierter Kampfbereich mit ebenem, sauberem Untergrund vorgegeben. Zusätzlich wacht ein Ringrichter über einen ordnungsgemäßen Ablauf und die Einhaltung der Regeln, wie etwa keine Tritte zum Kopf oder kein Eingreifen weiterer Personen. Es kämpfen immer nur zwei. Im Ring ist – neben den erlaubten Angriffen – auch bekannt, wer gegen wen antritt. Dadurch kann man zuvor die Kampfweise des Gegners analysieren und sich entsprechend vorbereiten.
All diese Punkte treffen nicht auf die Bereiche Ritualkampf und Selbstverteidigung zu. Hier wissen wir weder wann, noch wie wir angegriffen werden. Wir wissen nicht, von wem wir angegriffen werden und auch nicht von wie vielen Angreifern. Erst recht gibt es keinen Schiedsrichter, der dafür sorgt, dass nach fairen Regeln gekämpft wird.
Das sind nur einige Punkte, die ein Kampfsystem versportlichen. Einige Kampfsysteme versuchen, beide Seiten zu vereinen: Sport und Kunst. Auf der einen Seite gibt es dort sportliche Wettkämpfe mit Regeln, aber auf der anderen Seite stehen dann wieder die Prinzipien des Systems und Effizienz, die Funktion im Vordergrund.
Es gab selbst in manchen Wing-Chun-Stilen sogenannte ChiSao-Wettkämpfe. Aber in der EWTO wird man so etwas nicht finden. In der EWTO steht zunächst ganz klar die Selbstverteidigung im Vordergrund, die sich auf die Prinzipien des WingTsun stützt. Mit fortschreitendem Training werden die Prinzipien immer weiter vertieft und verinnerlicht, sodass die Kunst des Kämpfens, die Kampfkunst, dabei immer stärker in den Vordergrund rücken kann.
Text: Sadek Radde
Fotos: mg