Blitzdefence für Mitarbeiter der Justiz - Berufsrisiko: Körperliche Bedrohung
Ausgangslage der Justizmitarbeiter ist der berufliche Umgang mit straffällig gewordenen und inhaftierten Menschen. Da kann es schon mal geschehen, dass Justizmitarbeiter unfreiwillig in eine eskalierende Gesprächslage kommen, weil ihr Gegenüber unter Stress andere Kommunikationsformen drauf haben, um sich durchzusetzen oder aus ihren Ritualkampferfahrungen gewohnt sind, den Ton anzugeben und nie nachgeben wollen. Gott sei Dank waren körperliche Bedrohungen für die Teilnehmer nur vereinzelt eine schlimme Erfahrung, doch zum Glück aber keine alltägliche Situation für die teilnehmenden Richter, die Bewährungshelfer und Sozialarbeiter im Vollzug. Sich aber gedanklich und körperlich auf so etwas einzustellen und dann für sich überhaupt mal eine Lösung parat zu haben, dafür hat das Seminar einen interessanten und kompetenten Rahmen geboten.
Die wesentlichen Ziele für den Tag waren, die Grenzen bei Beleidigungen sprachlich und körperlich zu ziehen und seine eigenen Grenzen bei Bedrohung körperlich und sprachlich durch natürliche Gesten zu bewachen. In lockerer und humorvoller Atmosphäre bekamen die Teilnehmer Beispiellösungen für den Eingangsbereich, für den Besprechungstisch und für den Büroraum vom Ausbilderteam vorgestellt. Rege beteiligten sie sich mit Fragen zu ihren konkreten Gefährdungslagen.
Wichtige Anregungen konnten sie zu den Aspekten „Berufliche Programmierung" und „Wahrnehmungsmuster für Gefahren" hören und mitnehmen. Pate standen die Veröffentlichungen des Polizeipsychologen Uwe Füllgrabe und GM Kernspechts Bücher.
Auch die Justizmitarbeiter sind wie die Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst aus bürgernahen Gründen beruflich verpflichtet, eine kooperative Strategie einzusetzen.
Demzufolge entspricht es nicht ihren Erwartungen, dass jemand unprovoziert gegen sie Gewalt ausüben könnte. Die freundliche Orientierung ist grundsätzlich richtig, denn der erste Schritt ist wichtig, um eine vertrauensvolle Beziehung herzustellen. In ihr Denken und Handeln muss aber auch der zweite Schritt aufgenommen werden, sich sofort gegen Gewalt zur Wehr zu setzen. In der Vergangenheit benutzten angegriffene Menschen weiter die Strategie: „Immer kooperativ", hatten also ein eingeengtes Verhaltensrepertoire. Wenn sie dann auf eine unkooperative, gewaltbereite Person/Strategie trafen, wurde ihnen dies zum Verhängnis.
Von einem Wahrnehmungsmuster für Gefahren zu hören, war für die Teilnehmer als würden wir ein Radargerät für eine gezielte und differenzierte Informationssuche anbieten.
Praktisch ist es auch so gemeint, denn damit ausgestattet kann jeder sein Gegenüber beobachten und herausfiltern, wer gefährlich ist, warum er gefährlich ist und wann eine Gefahr auftreten könnte. Dazu gehört noch der innere Abgleich, wie mein Gegenüber die Sache sehen könnte, ob eine berufliche Maßnahme als willkürlich angesehen werden könnte, weil es vielleicht nicht (richtig) erklärt wurde.
Die Seminarteilnehmer konnten hierzu mit der Beschreibung eines Bildes viel anfangen, sich nämlich wie im Straßenverkehr zu verhalten,wo jede(r) eine Lage auch blitzschnell lesen kann. So ausgestattet ist es grundsätzlich ebenfalls möglich, in jeder Kommunikation mit gelassener Wachsamkeit die andere Person wahrzunehmen.
An dieser Stelle haben die Ausbilder darauf hingewiesen, dass es allerdings viel Übung braucht, in Sekundenbruchteilen mit automatisierten Reaktionen wirkungsvoll zu handeln. Den Justizmitarbeitern leuchtete ein, warum sich WT-Schüler so ausführlich im BlitzDefence-Training mit angemessenen Reaktionen beschäftigen, damit diese eben nicht lange nachdenken müssen, und so einer drohenden Eskalation sofort den Wind aus den Segeln nehmen, um das ganze notwehrgerecht und souverän zu entschärfen, wenn es darauf ankommt.
Anschließend waren im praktischen Teil des Seminars die Übungen zur richtigen Distanz, der Körpersprache und den rhetorischen Mitteln angesagt. Somit bekam jeder Teilnehmer für sich eine direkte Vorstellung von seinem Bewegungsablauf und wie er/sie es besser machen kann.
Professionell wurden sie von den Trainern Michaela Faltin und Daniel Müller angeleitet, die über eine 10-jährige Kampfkunsterfahrung im WT-System verfügen.
Schnell wurde den Teilnehmern bewusst, dass Strategien zur Deeskalation in einigen Monaten erlernt werden können, unabhängig vom Alter und sportlichen Vorkenntnissen. Dazu gehört an erster Stelle die Förderung der Reaktionsbereitschaft, dass sie sich als (pädagogische) Berater nicht durch provozierende Bemerkungen oder Beleidigungen die Führung aus der Hand nehmen lassen, sondern sich Respekt verschaffen. Eine potentiell gewaltbereite Person muss erkennen:
Es ist besser für mich, wenn ich friedlich bleibe.
Immer wieder gab es Szenenapplaus für die Vorführungen mit anschaulichen Analysen durch das von Sifu Frank Rieker angeleitete WT-Demo-Team mit Michaela Faltin, Daniel Müller, Matthias Bühler und Gregor Spitzmüller. Die Gäste verabschiedeten sich mit dem guten Gefühl, dass ihnen sachgemäße Lösungen demonstriert wurden.
Text + Fotos: Sifu Frank Rieker & Ausbilder-Team