EWTO

WingTsun International: Niederlande

Seit nunmehr 20 Jahren ist Sifu Frank Schäfer, 6. PG WT, als Nationaltrainer für die Verbreitung des WingTsun in den Niederlanden verantwortlich. Unterstützt wird er dabei seit fast genauso langer Zeit von seiner Frau Lady-Sifu Petra Schäfer, 5. PG WT.

Seit wann trainierst Du WT/Escrima?

1980 kam ich das erste Mal als 13-jähriger (über meinen Mentor „Onkel Fritz“) in Kontakt mit meinem Si-Fu, Großmeister Keith R. Kernspecht.
1981 lernte ich dann auf Lehrgängen Escrima kennen.
Sei dieser Zeit bin ich konstant aktiv mit dabei; wobei ich jedoch aus Zeit- und Kostengründen Escrima aktiv nur bis zum 12. SG betrieb, damals (1987) musste man noch in die USA reisen, um Escrima-Techniker-Programme erlernen zu können.
1982 eröffnete ich meine erste WT/Escrima-Schule in Kassel.
1986 nahm ich die Gelegenheit wahr, als NT für die Niederlande tätig zu werden.
1988 erhielt ich den Sifu-Titel und heiratete im gleichen Jahr Petra Pönack.
1997 erhielt ich den 5. PG im WT.
2000 gründete ich zwei B.V. (holländische Form der GmbH) mit Fokus auf das Gebiet der Kommunikation; im Jahr darauf wurde mein Buch „CoreMunication“ veröffentlicht.
2002 erhielt ich den 6. PG, 2004 erhielt Lady-Sifu Petra den 5. PG als erste Frau.

Was ist für Dich besonders faszinierend am WT?

Wie GGM Leung Ting immer wieder erklärt, ist WT kein Stil, sondern ein Konzept.
WT ist äußerst anpassungsfähig und kann auf so vielen Gebieten das eigene Leben harmonisieren und bereichern, dass es schwierig ist, sich festlegen zu wollen.
WT ist holistisch und passt sich sogar an den eigenen Lebensstil und die Umstände an.
„Physics and logic is all you have to believe in to learn WT” ist ebenfalls eine Kernaussage im Leung Ting-System.
Und doch erschließt sich gerade in den höheren TG-Bereichen erst wirklich der wahre Reichtum, den WingTsun zu bieten hat. Jedoch gibt es hierfür keine externen Lösungen – und die internen erschließen sich nur demjenigen, der bereit ist, hierfür hart an sich selbst zu arbeiten. Also nicht nur inter-aktiv, sondern auch intra-aktiv.
Es ist ein bisschen wie beim Klavierspielen; zu wissen, welche Tasten welche Töne hervorbringen, bedeutet noch lange nicht, ein virtuoser Pianist zu sein. Für mich ist WT ein ‚Life-style’; offen für jede sinnige (und auch unsinnige) Interpretation.

Seit wann bist Du Nationaltrainer?

1986 bin ich nach Amsterdam gezogen, um mich dieser Funktion voll und ganz widmen zu können. Glücklicherweise unterstützt durch „meine“ Frau Petra Schäfer, mit der ich mir die Funktion des Nationaltrainers seit 1994 teile.

Wie kamst Du dazu, Nationaltrainer zu werden?

Eher zufällig. Da ich schon in Amsterdam im Urlaub bei meiner Tante war, informierte ich mich recht früh über die niederländische Kampfsport-Szene. Weniger aus eigenem Interesse, sondern um für Si-Fu Informationen zu gewinnen. Während eines Privatunterrichtstermines kam das Gespräch auch auf Holland. Da ich damals in Kassel nur begrenzt unterrichten durfte (ich teilte mir die Stadt damals und so gab es Auflagen), musste ich mich WT-mäßig umorientieren. Es gab für mich drei denkbare Optionen: München, Spanien oder Holland. Nun, in München hätte ich höchstens ein Schulleiter werden können und es lag sogar weiter von Kassel entfernt als Amsterdam. Spanien erschien mir dann doch zu weit weg. So fiel die Wahl schlussendlich auf Holland und wo anders, wenn nicht in Amsterdam? Da Petra voll und ganz hinter mir stand, fiel mir der Entschluss, die gewohnten Fahrwasser zu verlassen, nicht mehr ganz so schwer.


Welche Lehren hast Du aus der Kampfkunst WT für Dich gezogen?

Wie viel Zeit habe ich für meine Antwort?
Die Frage ist schwer zu beantworten, da ich noch fast täglich durch WT Neues lerne.
Aber ich versuche mich eben auf die drei wichtigsten Kernpunkte zu konzentrieren.
Als Schüler habe ich gelernt, mich wehrhafter aufzustellen und zu verhalten.
(Das brachte mich jedoch auch ab und an in gewisse Probleme mit dem Umfeld, was ich nicht verschweigen möchte. Aber das war eben der Preis für die „Unabhängigkeit“.)
Als Techniker habe ich gelernt, mich professioneller aufzustellen und zu verhalten.
(Auch hier ergaben sich automatisch gewisse Zugzwänge, die mir aus meiner Position als NWTO-Cheftrainer, bzw. EWTO-Nationaltrainer als unumgänglich erschienen.)
Als Meister habe ich gelernt, mich menschlicher aufzustellen und zu verhalten.
(Allerdings war ich hier auch von der humanistischen Lehre Carl Rogers sehr stark inspiriert, was dann zu meinem Buch CoreMunication und schlussendlich auch zu meinem offiziellen Counsellor-Studium führte.)

Wie viele Schüler trainieren in Deinem Land?

Mehr als es müssten, aber weniger als es sollten.

Wie hältst Du Deine Werbung auf dem neusten Stand?

In den ersten 15 Jahren habe ich jedes Jahr etwa 15.000,- Euro für Werbung ausgegeben. Auf der einen Seite gab mir dies einen gewissen Bekanntheitsgrad, aber auf der anderen Seite diente ein Großteil meiner Unterrichtseinnahmen nur zur Deckung des Budgets. Um dann noch die eigene Weiterbildung finanzieren zu können, waren Annehmlichkeiten wie Urlaub, schicke Klamotten und schöne Autos etc. einfach nicht drin. Es war nicht leicht, aber auch nie langweilig.
Mittlerweile habe ich mich mehr auf kleinere, zielgerichtete Werbeprojekte konzentriert und nutze natürlich auch viele Möglichkeiten, die das Internet bietet.

Wie ist die Resonanz und Erfahrung auf Deine eigens gewählte Werbung?

Die Bedeutung der Werbung in den diversen Printmedien ist allgemein stark zurückgegangen; früher kamen noch die meisten Interessenten (neben der Mund-zu-Mund-Propaganda) über die Gelben Seiten oder eine Fachzeitschrift zu uns.
Heute habe ich die meisten Interessenten (neben der Mund-zu-Mund- Propaganda) übers Internet. Leider habe ich auch finanziell erfahren müssen, dass man z.B. gängige deutsche Werbe-Konzepte selten 1-zu-1 im Ausland umsetzen kann.

Wie gestaltest Du Dein Training bzw. Dein eigenes Training?

Da ich nunmehr schon seit 23 Jahren unterrichte, könnte ich darüber ein weiteres Buch schreiben. Weil ich immer schon einen guten Draht zu meinem Si-Fu hatte, war ich auch meist bei den Neuerungen mit dabei. Mein Unterricht orientierte sich immer an den aktuellsten Richtlinien. Dass dabei dann auch bei mir der ein oder andere Früh- oder auch Fehlstart dabei war, stelle ich nicht in Abrede.
Als Schüler habe ich unterrichtet, wie es dem jeweiligen Schülergradstandard entsprach.
Als Techniker habe ich unterrichtet, wie es dem jeweiligen Technikergradstandard entsprach.
Als Meister unterrichte ich, wie es dem individuellen Standard einer Person entspricht.
Da ich mich in der glücklichen Lage befinde, mit Lady-Sifu Petra fast immer einen Trainingspartner zu haben, war es noch nie schwer, mich weiter zu entwickeln.
Des weiteren versuche ich, mich auf den Private und Master Tutorials meines Si-Gung weiterzubilden und nehme auch jede sich bietende Gelegenheit wahr, um Privat-Unterricht von meinem Si-Fu zu erhalten

Wie sind Deine zukünftigen WT-Ziele definiert?

Nun, ich selbst bin sehr froh, über die Synthese, die ich zwischen WT und CM innerhalb der SCD (Systematic Communication & Defence) erzielen konnte. Es war mir möglich, auf zahlreichen Gebieten Erfahrungen zu sammeln und diese miteinfließen zu lassen. Im Jahr 2000 gab es so etwas wie eine Sinnkrise für mich. Mein bisheriges Streben erschien mir auf einmal recht einseitig – und dann noch auf einem ethisch durchaus bedenklichen Gebiet.
„Na und, sie fragten doch um Gegengewalt,“ war meine Rechtfertigung für mich selbst. „Aber hast Du auch alle Register gezogen, bevor es soweit kam?“ war mein „Überich“ am bohren. „Innerhalb meiner verfügbaren Möglichkeiten schon,“ ertönte mein trotziges „Ego“. „Und kannst Du diese vielleicht noch erweitern?“ mischte sich auch noch der „Vermittler“ mit ein. „Vielleicht, aber wahrscheinlich nicht mit WT – oder?“ erwiderte ich zweifelnd. Und so ging es dann weiter, bis ich schließlich einen passenden Weg finden konnte.
WT kann man/frau nämlich auch noch etwas anders interpretieren. Einen Anfang wie so etwas aussehen könnte, hatte ich versucht, in meinem ersten Buch darzustellen. Des weiteren versuche ich, für „meine“ To-Dai und Klienten da zu sein.
Mein eigenes WT-Ziel ist sicherlich erstmal der 7. PG.
Ebenso würde es mich natürlich sehr freuen, wenn CoreMunication auch außerhalb Hollands in der WT-Familie auf Interesse stoßen würde. Für etwaige Anfragen zu Kooperations-Projekten stehe ich gern zur Verfügung.