Lieber Dennis, am 6.8 hast du von GM Kernspecht deine Sifu-Urkunde erhalten, herzlichen Glückwunsch dazu! Wir wollen die Gelegenheit nutzen und dir ein paar Fragen zu dir und deiner Schule in Dresden stellen.

Möchtest du kurz deinen Kampfkunstwerdegang schildern und erzählen welche wichtigen Ereignisse und Personen dabei eine Rolle spielten und spielen?

Sehr gerne. Zuerst möchten ich und meine meine Frau uns für das Interview und die Chance  uns zu präsentieren, ganz herzlich bedanken. Ebenfalls bedanke ich mich an dieser Stelle für die Glückwünsche zum Sifu Titel. Diese Frage kurz zu beantworten, ist eine ziemliche Herausforderung. Versuchen möchte ich es trotzdem.

So richtig durchgestartet mit WingTsun bin ich 2015 bei meinem Sifu Volker Nispor in Wilhelmshafen. Mich packte das WingTsun System wie eine Sucht und ich konnte nicht mehr aufhören. Aufgrund der Trainingsintensivität machte ich schnelle Fortschritte und bekam von meinem SiFu die Möglichkeit, im günstigsten Fall, alle drei Monate eine Prüfung abzulegen. Da ich wirklich jeden Tag in der Woche trainierte, kam ich in den Schülergraden schnell voran. Im Februar 2018 zog ich berufstechnisch nach Dresden und wechselte zur dortigen EWTO-Schule. Ich verfolgte in der Zeit, bevor ich und meine Frau das Projekt „EWTO Zentrum Dresden“ realisierten, das Ziel Lehrer im WingTsun zu werden.

Im Januar 2020 erreichte ich nach intensiver Prüfung durch Großmeister Thomas Schrön dann den ersten Lehrergrad, worüber ich mich sehr gefreut habe. Im Anschluss setzten wir uns mit der EWTO zusammen und wir diskutierten über eine eigene Schule.
Wir mussten gut überlegen und abwägen, wie wir einen Schulbetrieb neben unseren Hauptberufen in unser Leben integrieren können. Nicht zuletzt der zeitliche Faktor musste berücksichtigt werden, zumal ich und meine Frau sehr gerne zu ChiSao Kuen Lehrgängen mit GM Kernspecht fahren.
Nach reiflicher Überlegung suchten wir uns eine entsprechende Location und beantragten eine Ortslizenz bei der EWTO. Wir bauten dann die Räumlichkeiten des EWTO Zentrum Dresden langsam auf. Doch dazu komme ich später.

Im Laufe der Zeit habe ich mich für verschiedene Fachtrainer qualifiziert.
Inzwischen bin ich Trainer 4, Fachtrainer Kids-WingTsun und Fachtrainer Gewaltprävention. Dazwischen studierte ich die Leadership-Unterlagen und ließ mich erfolgreich von GM Oliver König und Sifu Matthias Gold im Leadership 1 prüfen.
Den zweiten Lehrergrad erreichte ich durch eine intensive Prüfung im Privatunterricht bei GM Kernspecht in Kiel. Das war für mich ein ganz besonderer Moment, da GM Kernspecht mir die Urkunde direkt Vor- Ort ausgestellt und überreicht hatte. Die nächste Sensation folgte am sechsten August im EWTO Zentrum Dresden. GM Kernspecht war bei uns zu Besuch und führte bei uns ein ChiSao Kuen Lehrgang durch. An diesem Tag ernannte er mich im Anschluss des Lehrgangs zum Sifu des WingTsun. Ich, und auch die Schüler des EWTO-Zentrum Dresden freuten uns darüber riesig.

Wieso hast du WingTsun zu deiner Kampfkunst gewählt? Welche Aspekte des WingTsun faszinieren dich am meisten?

WingTsun ist und bleibt in meinen Augen ein nie enden wollendes Puzzle. Es wird nie langweilig und man lernt jeden Tag etwas dazu. Fasziniert hat mich am WingTsun immer die Flexibilität und die Mühelosigkeit, Angreifer und Gegner mit simplen Mitteln kampfunfähig zu machen. Im Gegensatz zu anderen Kampfsportarten oder Kampfkünsten müssen nicht extrem aufwändige Katas oder Bewegungen eintrainiert werden, um sich effektiv verteidigen zu können. WingTsun ist für jedermann erlernbar und dank der Zusatzprogramme in kürzester Zeit für die Schüler anwendbar. Der Gesundheitsaspekt vom WingTsun gibt dem ganzen noch einen Aufschwung. Selbstbewusstsein, Sicherheit und Gesundheit für den Körper in einem Paket habe ich bisher nur im WingTsun erlebt.

Du hast im Juni letzten Jahres deine Schule in Dresden eröffnet und wurdest voll vom zweiten Lockdown getroffen. Trotzdem hast du großen Erfolg mit eurer Schule. Erkläre uns wie du dieses Kunststück hinbekommen hast!

Als wir unser EWTO-Zentrum Dresden im Juni 2020 eröffneten, vermuteten wir, dass es zu einer weiteren Schließung von Sportstätten kommen würde. Wir haben uns dadurch unseren Mut und den Willen zur Schuleröffnung jedoch nicht nehmen lassen. Nachdem wir den Plan zur Eröffnung der EWTO Schule erstellt hatten, fanden wir relativ zeitnah eine passende Location. Wir machten uns sofort an die Arbeit um die Schuleröffnung vorzubereiten. Für den Start besorgen wir uns zwei gebrauchte Farblaserdrucker mit ausreichend Toner, zum drucken von Flyern und Infozetteln. Wir druckten mit den Druckern binnen einer Woche ungefähr 2000 Papierflyer und verteilten diese in unserer Umgebung sowie in der Stadt. Handarbeit, welche sich im nachhinein auszahlen sollte. Zwischendurch hielten wir die Augen nach Equipment für unsere Schule offen und kauften eine Sache nach der anderen ein. Ich beschäftigte mich mit Werbung im Internet und in den sozialen Netzwerken. Wir schalteten Anzeigen auf Google, Facebook und diversen anderen sozialen Netzwerken. Im gleichen Zug baute ich unsere Internetseite für das EWTO Zentrum Dresden auf.
Am Eröffnungstag erschienen zu unserer Freude dann doch weitaus mehr Interessenten als von uns erwartet. Wir schlossen an diesem Tag einige Verträge ab, haben aber natürlich „werbetechnisch“ nicht nachgelassen und verteilten  nach der Eröffnung der Schule weiter Flyer in der Umgebung und in der Stadt. Zusätzlich haben wir das Budget für Google und Facebook erhöht, um nachhaltig gute Werbung im Internet zu platzieren. Zu den ganzen Werbekampagnen kam dann im Anschluss noch die Mundpropaganda der Leute hinzu, denen unsere Schule gefallen hat.
Ein großer Vorteil ist auch die Lage. Die Schule befindet sich in einer viel besuchten Ladengalerie, in der sehr viel Laufkundschaft jeder Altersklasse ein und aus geht. Durch die auffällige Außenwerbung werden wir gut wahrgenommen und sehr oft angesprochen.
Kurz nachdem die Schule in den Regelbetrieb übergegangen war, erreichte uns der nächste Lockdown und wir mussten teilweise schließen. Komplett zu schließen, war für uns keine Option. Hinzu kam, dass Interessenten (Kinder und Erwachsene) auf ein Probetraining bei uns warteten. Sie hatten bereits schon Termine für eine Einladung zum Probetraining erhalten. Also mussten wir in Absprache mit Gesundheitsämtern und Ordnungsbehörden nach Alternativen zu suchen. Diese fanden wir dann auch in Form von Außen- und Einzeltrainings.
Somit haben wir in der gesamten Lockdownzeit nie wirklich richtig geschlossen, sondern ALLE legalen Alternativen ausgenutzt um weiter trainieren zu können. Im Außenbereich wurden Kinder als auch Erwachsene kontaktfrei trainiert. Ganz nach dem Motto: Formen und Schrittarbeit geht immer! Wir hatten befürchtet, dass wir die Schule nach ein paar Monaten aufgrund von Kündigungen oder mangels Neuaufnahme von Mitgliedern komplett schließen müssen, jedoch trat genau das Gegenteil ein. Die Schule konnte jeden Monat mehr Neuanträge als Abgänge verzeichnen. Wir freuen uns sehr, dass das EWTO Zentrum Dresden fast 100 Schüler betreut und die Anfragen nicht abreißen!

Das ist beeindruckend. Welche Sparten werden bei euch angeboten? Gibt es besonders erfolgreiche?

Im EWTO Zentrum Dresden werden die Sparten: Kids WingTsun, WingTsun, ChiKung und Escrima angeboten. Sehr erfolgreich läuft das Kids WingTsun und das WingTsun für Erwachsene. Wir verzeichnen jeden Monat eine für uns beachtliche Anzahl an Neumitgliedern. Es gibt aber auch immer mehr Interessenten für Escrima. In diesem Bereich wollen wir uns in Zukunft auch vergrößern und dort auch mehr anbieten.

Habt ihr auch Kooperationen mit Behörden oder Firmen?

Wir arbeiten regelmäßig mit Einrichtungen wie Caritas oder auch der Diakonie zusammen. Derzeit erstellen wir auf Wunsch einiger Schulen in Dresden Unterrichtspläne für Gewaltpräventionskurse und führen diese im Anschluss auch selbst durch. Zusätzlich arbeiten wir sehr eng mit dem Präventionsteam der Polizei Sachsen zusammen und wollen die Arbeit mit der Polizei auch weiter intensivieren.
Außerdem ist eine Kooperation mit Carsten Stahl geplant. Ziel ist ein „Schutzraum für Kinder“ und einen Stützpunkt „Camp Stahl“ im EWTO Zentrum Dresden zu errichten. Damit bieten wir zusätzlich zu dem Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungstraining für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, eine Anlaufstelle für Hilfesuchende und Interessierte an. Das Jugendamt Dresden ist mittlerweile ebenfalls auf uns aufmerksam geworden und strebt in Zukunft eine Zusammenarbeit mit unserer Schule an. Dieses Vorhaben ist derzeit noch in der Entwicklungsphase. Darauf freuen wir uns bereits.

Habt ihr besondere Trainingskonzepte?

Das Team vom EWTO-Zentrum Dresden arbeitet nach den entwickelten Konzepten und Schülergradprogrammen der EWTO. Wie es sich in der Vergangenheit immer wieder herausgestellt hat, sind die Programme der EWTO ideal für jeden Schüler. Diese sind strukturell und verständlich aufgebaut. Wichtig für uns ist das einheitliche Konzept der EWTO. Damit ist sichergestellt, dass unsere Schüler auch auf Lehrgängen und Workshops wissen, was Sie auf Ihrem Programm (z.B. bei einer Prüfung) erwartet. Groß abweichende Trainingskonzepte gibt es im EWTO Zentrum Dresden nicht.

Wie wichtig ist dein Team für deine Arbeit?

Ohne geht es nicht! Wir müssen uns aufeinander verlassen können und jeder muss wissen was er/sie zu tun hat. Wir arbeiten alle nach den gleichen Trainingskonzepten und Inhalten. Selbst im Falle, dass man sich nicht absprechen kann, ist durch die Standardisierung der Programme sichergestellt, dass der nächste Ausbilder einfach an den vorgegebenen Programmen weitermachen kann, dort wo der vorherige Trainer aufgehört hat.

Hast du einen Tipp für andere Schulleiter?

Nicht aufgeben! Niemals. Nicht immer darauf hören, was andere sagen oder meinen. Erstmal versuchen komplizierte Situationen selbst zu lösen und erst wenn es gar nicht weitergeht, einen dritten dazu holen.
Manchmal ist gerade genau so eine Situation sehr schwer zu meistern. Manchmal verliert man die Nerven oder sogar den Mut, weil einem Steine in den Weg gelegt werden, so dass man das Gefühl hat, diese nicht mehr aus dem Weg räumen zu können. Wie auch mir, ist das bestimmt schon dem einen oder anderen so gegangen.
Ich und meine Frau sind diese Spirale nicht heruntergestiegen sondern haben uns gesagt, irgendwie geht es immer weiter. Wir sehen mittlerweile jede Ecke in einer Linie als Herausforderung an. Es kann und wird niemals immer alles gut laufen.
Sollte sich ein Lockdown wiederholen, nutzt ALLE Möglichkeiten die Ihr habt. Wenn nicht in der Schule trainiert werden darf, trainiert draußen. Wenn nicht mit Kontakt trainiert werden darf, zieht die Formen durch und macht Schrittarbeit. Dies nur als Beispiel. Es gibt genügend Optionen. Zu guter Letzt: Lasst euch nicht unterkriegen. Lasst euch von keinem erzählen, es geht angeblich nicht weiter oder es würde alles den Bach runter gehen. Das trat in der Vergangenheit nicht wirklich ein und das wird es auch in der Zukunft nicht, wenn man sich wirklich mit Kopf und Herz einsetzt.
Meiner Frau und mir wurde oft gesagt, das klappt nicht und wir würden das nicht schaffen – nach spätestens drei Monaten wäre das EWTO-Zentrum Dresden wieder zu. Nach mittlerweile mehr als einem Jahr und stetig steigendender Mitgliederzahl, beweisen wir genau das Gegenteil.

Was wünschst du dir vom WingTsun und der EWTO in der Zukunft?

Vom WingTsun wünsche ich mir, dass es so spannend bleibt und ich nie aufhöre zu lernen. Von der EWTO wünsche ich mir, dass sie genauso bleibt, wie sie ist. Ich schätze die EWTO sehr und sehe in dem Verband viele Vorteile und Möglichkeitendie andere nicht haben. Wir freuen uns auf eine weitere langjährige Zusammenarbeit mit der EWTO.

Danke für das Interview Dennis, wir wünschen Dir, deiner Frau und deinem Team weiterhin alles Gute und viel Erfolg auf eurem Weg.

Die Hompage des EWTO-Zentrums Dresden findet ihr hier: http://www.ewto-zentrum-dresden.de/

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