Palmstick
Der erste Griff ging zum Buch „Escrima“ von Escrima-Großmeister Bill Newman. Dort erscheint der Begriff im Abschnitt 7. Schülergrad in einer Bildunterschrift: „Der Verteidiger greift den Arm des Angreifers und setzt mit einer kurzen Waffe (Palmstick, Kugelschreiber o.Ä.) einen Hebel am Ellenbogen an.“
Also: Der Palmstick ist eine Kurzwaffe.
Im Text zum Programm erfährt man dann außerdem, dass stumpfe Kurzwaffen in der Ausführung der Schläge eine Kurve beschreiben, die den Körpereinsatz unterstützt und eine erneute Bereitschaftsposition herstellt. Durch Ausnutzen beider Hände während einer Körperbewegung wird die Schlagzahl verdoppelt. … Lippenstifte, zusammengerollte Zeitungen, Feuerzeuge o. Ä. werden zu ernst zu nehmenden Waffen für die Selbstverteidigung.
Dazu fallen mir spontan noch Kugelschreiber, Schlüssel oder Handys ein, die sich heutzutage wohl in jeder [Hand-]Tasche findet und die man auch auf Veranstaltungen bei sich trägt im Gegensatz zu einem Stock, Tonfa oder Schwert. Regenschirme wird man ebenfalls an der Garderobe abzugeben haben.
Den zweiten Hinweis im Buch findet man im Kapitel „Das neue Messer: Escrima Folding Dagger (EFD)“. Hier heißt es: „Das EFD ist von den Herstellern so gefertigt worden, dass es als Palmstick eingesetzt werden kann. Eines der beiden Enden läuft spitz, das andere rund zu. So kann je nach Lage die Schlagstärke des Palmsticks bestimmt werden. Während das runde Ende nur Schmerzen verursachen soll, um so einen Angreifer zur Räson zu bringen, ist das spitze Ende für letale Techniken vorgesehen. Kombiniert mit den sog. Figure-8-Techniken hat das Messer so einen hohen Einsatzwert.“
Das Messer hat nach dem neuen Waffengesetz nur den Nachteil, dass man es nicht mehr einfach mit sich herumtragen darf.
Neugierig geworden war der nächste Schritt, im Internet zu recherchieren, um etwas zur Historie des Palmsticks zu erfahren.
Der erste Weg führte zu Wikipedia, wo der Begriff „Palmstick“ unter dem Stichwort „Balisong“ erschien: Das Balisong, auch Schmetterlingsmesser genannt, stammt nach einer Theorie von den Philippinen und ist ein Arbeitsmesser der Fischer. Es lässt sich im geschlossenen Zustand ebenso wie das EFD gut als Verstärkung von Schlagtechniken einsetzen. Es ist nach dem Waffengesetz aber seit 2003 ebenfalls verboten.
Es gibt aber auf den Philippinen eine andere Waffe, die als Dulo Dulo, Dos Puntas oder Pasak bekannt ist und nur als Schlagwaffe verwendet wird. In Japan wird sie als Kubotan oder Yawara und im englischen Sprachgebrauch als Palmstick bezeichnet. Im deutschen Sprachraum findet man auch den Begriff „Nervenstock“. Als andere Bezeichnungen findet man außerdem Mini-Stick, Persuader, Pocketstick.
Ist nun ein Palmstick bzw. Kubotan auch eine verbotene Waffe oder nicht?
Darauf hat das Bundeskriminalamt in einem Bescheid vom 05. März 2008 Stellung genommen:
„Der als Kubotan bezeichnete Gegenstand ist zwar [...] geeignet, als Waffe eingesetzt zu werden, von der einfachen Ausgestaltung her ist jedoch nicht eindeutig von einer Hieb- und Stoßwaffe auszugehen. Ergebnis: Der Kubotan ist keine Hieb- und Stoßwaffe im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 WaffG. Die Verbotseigenschaft im Sinne der Anlage 2 zu § 2 Abs. 3 WaffG – Waffenliste – Abschnitt 1, Nr. 1.3.1 wird verneint.“
Der komplette Bescheid ist nachzulesen unter:
http://www.bka.de/profil/faq/waffenrecht/feststellungsbescheide/pdf/fb_170_kubotan.pdf
Also: Der Palmstick ist keine verbotene Waffe.
Genug zur Theorie. Nun bleibt nur noch die richtige praktische Handhabung. Dies konnte mir das Internet nicht so richtig vermitteln. Aber dazu gibt es ja zum Glück den Internationalen Lehrgang und die Lehrgangseinheiten zum Thema mit Master Bill. Dann klappt es auch mit dem Palmstick…
Text: hm
Fotos: Markus Gensichen