Schulleiter stellen sich vor: Sifu Susanne Rösinger
Zur Person Sifu Susanne Rösinger:
Alter: |
58 |
Graduierung: | 4. TG WT |
Weitere WT-Qualifikationen: |
Trainer 4, Fachtrainerin Gewaltprävention, Fachtrainerin Kids-WingTsun, ChiKung-Trainerin, Trainerin für BlitzDefence für Männer und Frauen, Leadership 4 |
Mit WT begonnen: | November 1994 |
Schulleiter seit: |
seit Oktober 1999 |
WT-Lehrer und SiFu: |
Mein SiFu ist Großmeister Kernspecht, seit Siegfried Altmayer die EWTO verlassen hat. Seit vielen Jahren nehme ich Privatunterricht bei Sifu Mathias Gräsel. Im letzten Jahr war ich oft in der Trainerakademie zum Unterricht bei den Meistern DaiSifu Thomas Schrön und Sifu Sven Weipert. DaiSifu Thomas Schrön bin ich für die Vorbereitung zum 4. TG besonders dankbar. |
Ausbildung/Beruf: | Studium der Pharmazie/Apothekerin |
Kinder: |
keine |
Hobbys neben dem WT: |
Lesen, mein Garten, Motorradfahren, Skifahren, Joggen, Bergwandern |
Lieblingsfilm: |
- |
Lieblingsmusik: | Lieder von Runrig |
Lieblingsbuch: |
Viele, zum Beispiel dicke Bücher, wie Shogun oder Taipan, historische Romane und alles Mögliche |
Lieblingsspeise: | Piccata Milanese |
Lieblingsurlaubsziel: | Länder des ehemaligen Jugoslawiens, die Alpen und irgendwann Norwegen |
Ein schöner Tag ist für mich, wenn |
ich morgens bei schönem Wetter ChiKung und Formen im Garten üben, nachmittags Gartenarbeiten machen und abends WT unterrichten kann und möglichst keine Büroarbeit erledigen muss. Ein schöner Tagesab- schluss ist dann mit meinem Mann auf der Terrasse zu sitzen, Musik zu hören und ein Glas Rotwein zu genießen. |
Zur WT-Schule:
Größe des Ausbilderteams: |
zurzeit ein Übungsleiter, zwei weitere werden demnächst Übungsleiter, einer davon Kids-WingTsun-Fachtrainer (den Lehrgang hat er schon absolviert) |
Ort: | Michelstadt |
Unterrichtsangebot: |
WT Erwachsene, Kids-WT, ChiKung, Gewaltprävention |
Termine pro Woche insgesamt: |
2-mal WT, 2-mal ChiKung, 3 Gruppen Kids-WingTsun mit 75 Min, zusätzlich Gewaltpräventionskurse |
Anzahl Techniker: | zurzeit keine, da mein 1. TG die Schule und die EWTO 2009 verließ |
Interview:
WTW: Wie hast Du begonnen, die WT-Schule im Landkreis bekannt zu machen?
Sifu Susanne: Durch Plakate, Flyer, Infostände bei Veranstaltungen, wie Lifestylemesse in Michelstadt zum Teil mit Vorführungen, jedes Jahr Kinderkurse bei den Ferienspielen und seit zwei Jahren mit einer Website, die ich aufgrund der Leadership-Seminare erstellen ließ.
Wie halfen Dir dazu die Leadership-Seminare?
Sehr viel! Die Seminare gaben mir einen großen Motivationsschub. Gerade in Bezug auf Schulorganisation habe ich profitiert. Ebenso in der Reflexion, was ist wichtig und passt für meine Schule. Ganz wichtig war der Austausch mit anderen Schulleitern. Zudem hängt das Zitat vom Michail Gorbatschow aus Leadership-Skript an meiner Bürotür: „Man ist entweder Teil der Lösung oder Teil des Problems.“
Als zierliche Frau wirst Du sicherlich von manchen Probeschülern unterschätzt. Wie gehst Du mit solchen Situationen um?
Inzwischen ganz locker. Früher wollte ich schon zeigen, dass Frau das auch kann. Heute zeige ich mit einem Ausbilder oder großen Schüler mit ausgewählten Übungen, dass und wie WT funktioniert! Für Fragen bin ich auf jeden Fall offen.
Wenn es sein muss, kann ich mich entsprechend durchsetzen. Typen, die ein Frauenproblem haben, lassen sich sowieso nicht überzeugen. Die brauche ich nicht in meiner Schule.
Du hast 30 Jahre lang als Apothekerin gearbeitet. Was hat WT damit zu tun, dass Du diesen Beruf aufgegeben hast und hauptberufliche Schulleiterin geworden bist?
WT hat mein Selbstverständnis und meinen Horizont wesentlich erweitert – auch durch die Menschen, die ich durch WT kennen gelernt habe. Im Gegensatz dazu hat sich im Gesundheitswesen und auch in der Apotheke in den letzten Jahren sehr viel verändert, so wie sich meine Lebenseinstellung verändert hat. Das verlief konträr. Außerdem nahm der Zeitbedarf für meine Schule zu. Meine Arbeitszeit in der Apotheke hatte ich schon auf 20 Stunden pro Woche reduziert. Irgendwann war für mich der Punkt gekommen, wo ich die Situation in der Apotheke einfach nicht mehr wollte und die Selbstständigkeit mit der WingTsun-Schule als neue Chance und Herausforderung sah. Durch und mit WT hatte ich also die Möglichkeit, Dinge hinter mir zu lassen, die in vielfacher Weise nicht mehr stimmig waren.
Wie unterscheidet sich Dein früheres vom aktuellen Gesundheitsverständnis? Was sind die Gründe hierfür?
Früher hatte ich ein eher „schulmedizinisches“ Gesundheitsverständnis. Durch die eigene Erfahrung nach 16 Jahren WingTsun und als ChiKung-Trainerin hat sich das verändert. Körper, Geist und Psyche sind eng miteinander verbunden. Die ChiKung-Ausbildung hat mir da enorm weitergeholfen. Körperliches Training und Atemübungen beeinflussen die Psyche ungemein positiv. Blockaden werden gelöst. Anderseits beeinflussen Gedanken wiederum das körperliche Befinden. Letztendlich könnten durch entsprechendes Training mit richtiger Anleitung oft Medikamente eingespart werden und manche Beschwerden verschwinden ganz einfach im Laufe der Zeit. Das ist natürlich meine sehr persönliche Meinung.
Bringst Du Dein Fachwissen und Deine Erfahrung als Apothekerin in den WT-ChiKung Unterricht ein?
Natürlich. Man muss die unterschiedlichen Aspekte nur zusammenfügen, wo es passt. Durch mein medizinisches Basiswissen habe ich sicherlich ein besseres Verständnis für ChiKung und seine Wirkungen und kann andererseits auch Tipps zu Medikamenten geben und die fragende Person zum Nachdenken anregen, ob jetzt wirklich ein „Hammermedikament“ notwendig ist. Aber auch umgekehrt, dass unbedingt eine ärztliche Diagnose der Beschwerden erforderlich ist.
Was nimmst Du aus Deiner früheren Tätigkeit in Deinen jetzigen Beruf als WT-Schulleiterin mit?
Den Umgang mit Menschen! In der Apotheke hatte ich mit Kunden zu tun, in der WT Schule sind meine Schüler Kunden, die das Produkt WingTsun „kaufen“. Beide wollen gut betreut sein. Gerade im Kids-Bereich hilft mir das viel, denn Eltern sind manchmal sehr anspruchsvolle Kunden. Zusätzlich habe ich durch einen angesehen Beruf einen Vertrauensvorschuss, den ich natürlich erfüllen muss. Das eine oder andere absolvierte Verkaufstraining hilft mir auch beim Vertragsabschluss.
Für Dich ist der Taoismus eine zentrale Lebenseinstellung. Nicht jeder erkennt im praktischen WT diese Philosophie. Kann man Taoismus als Philosophie/Prinzip/Lebenseinstellung den Schülern bewusst vermitteln oder sollte man es im Sinne des WuWei (des Nichtstuns) besser bleiben lassen?
Die Menschen sind unterschiedlich und kommen aus unterschiedlichen Gründen ins WT-Training. Ich lasse die philosophischen Hintergründe mit einfließen. Wer sich dafür interessiert, nimmt es mit auf und kann mich auch gerne dazu befragen.
Ich denke, es gehört zum Unterricht mit dazu, aber nie dogmatisch. Manche wird es nie interessieren. Sie werden es auch nie im Leben, also in der 2. Ebene umsetzen.
Je länger man aber WT trainiert, desto mehr nimmt man diese Dinge auf – nicht immer bewusst, aber immerhin.
Wir ziehen als WT-ler Grenzen, „üben das, was wir nicht wollen“ und möchten, dass viele bei uns mitmachen. An welchen Stellen verlässt der WT-Unterricht Deiner Meinung nach das taoistische Prinzip?
Zum Beispiel im BlitzDefence in den unteren Schülergraden, wenn der Verteidiger angreift, bevor der Aggressor dies tun kann. Der Anfänger muss das tun, um in der Selbstverteidigung eine Chance zu haben. Während der Meister es sich leisten kann, den Angriff abzuwarten und der Gegner durch sein eigenes „Tun“, also durch seine eigene Kraft, vernichtet wird.
Welche Übungen kommen am besten an?
Übungen aus dem SV-Bereich, aber auch LatSao, BlitzDefence; also alles mit viel Action. Manche mögen auch gerne ChiSao oder ReakTsun.
Worauf legst Du besonderen Wert im Unterricht?
Auf eine gute Trainingsatmosphäre! Ansonsten versuche ich, ausgewogen alles von Formen über BlitzDefence, LatSao, ChiSao usw. zu vermitteln. Leider vernachlässige ich zu oft den Fitnessteil! Die Schüler sollen eine gute Basis haben und bei jedem anderen Lehrer guten Gewissens ihre geraden Prüfungen ablegen können.
Mit welchen Eigenschaften siehst Du Dich selbst als WT-Lehrerin?
Das ist eine schwierige Frage! Ich sage spontan: „Mit ganzem Herzen dabei!“
Was bedeutet das Unterrichten für Dich?
WT durch das Unterrichten besser verstehen lernen. Freude haben im Umgang mit Menschen. Menschen helfen, sich verteidigen zu können, oder auch durch Bewegung Gesundheit zu erhalten und zu fördern. Unterrichten bedeutet auch, Werte zu vermitteln. Das ist im Kids-Bereich besonders wichtig.
Du gehst demnächst als Mitglied des Stadtparlaments in die Lokalpolitik. Kannst Du hier vom WT profitieren und umgekehrt?
Sicherlich, wie im WT habe ich es im Stadtparlament mit Menschen zu tun. Es werden zum Teil konträre Standpunkte vertreten und da gilt es, weich aufnehmen, weiterleiten und schädliche Kollisionen zu vermeiden und am Schluss, das zu erreichen, was man erreichen möchte: „Weg frei, stoße vor.“ Für das WT profitiere ich durch meine neuen Lebenserfahrungen! Zusätzlich habe ich als Stadtverordnete ein positives Image. Das ist sicherlich auch meiner Schule förderlich.
Unterrichtest Du als Frau überwiegend Frauen? Wie ist das Verhältnis Männer/Frauen/Kinder (in Prozent) in Deiner Schule?
Früher hauptsächlich Männer. Im Laufe der Jahre ist der Frauenanteil kontinuierlich gestiegen. Aktuell: Männer/Frauen 55 %/45 % im Erwachsen- und Jugendbereich. Bei den Kids 50 %/50 %. Der Kinderanteil beträgt 50 %.
ChiKung trainieren hauptsächlich Frauen: nämlich 80%.
Du trennst das Kids-Training nach Jungen und Mädchen. Was waren die Gründe hierfür und welche Vorteile hat es gebracht?
Das ergab sich so, nachdem ich die Gruppe teilen musste, als sie zu groß wurde. Bei Gesprächen mit den Eltern stellte sich heraus, dass die Mädchen sich durch die zum Teil sehr lebhaften Jungs nicht so wohl im Training fühlen und meiner Meinung nach auch zu kurz kamen. Jetzt kann ich den Unterricht viel spezifischer, entsprechend den unterschiedlichen Bedürfnissen gestalten, auch bei den Themen und bei Rollenspielen. Bei den Jungen bringe ich viel mehr Action mit hinein.
Sifu Sabine Mackrodt ist ebenfalls der Meinung, dass sich die Mädchen in einer eigenen Gruppe viel besser entfalten können.
Ab wann sollten sich die Mädchen mit Jungen direkt in der Selbstverteidigung auseinandersetzen? Bringst Du beide Gruppen manchmal zusammen?
Das ist eine gute Frage! Prinzipiell sollten sie sich früh, schon so ab sechs Jahren damit auseinandersetzen. Im Training miteinander funktioniert das aber nicht.
In der Pubertät wollen sie dann auch nicht miteinander trainieren. Ich sehe das, wenn die Kinder in der Pubertät mit ca. 12 Jahren ins Erwachsentraining kommen.
Es wäre vielleicht spannend, die Gruppen manchmal zu mischen. Dem steht aber der enge Zeitplan, den die Kleinen oft schon haben, entgegen. Veränderungen in den Trainingszeiten mögen die Eltern gar nicht.
Du hast Deine TG-Arbeit über Gewaltprävention mit behinderten Kindern geschrieben. Wie lernen sie und was sind die Herausforderungen beim WT für sie und für Dich?
Sie lernen gut mit bildhaften Vergleichen und über Tun, über die Bewegung und durch häufige Wiederholung. Die Herausforderung für mich und auch für die Kinder war, es auszuprobieren und sich darauf einzulassen. Es war eine sehr positive Erfahrung. Wer sich mehr für die Thematik interessiert, kann ja den Bericht über den Kursus in der WingTsun-Welt online nachlesen.
Was sind Deine nächsten Projekte als Schulleiterin?
Momentan nichts Neues. Im Mai ein Schulkursus, in den Sommerferien wieder Kursus im Kinderheim. Ich muss erst einmal sehen, wie ich Schule und Mandat zeitlich geregelt bekomme.
Was willst Du den Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben?
Niemals aufgeben, wenn es darum geht, seine Ziele zu erreichen – auch wenn der Weg manchmal sehr steinig wird. Nur wenn man erkennt, dass das Ziel nicht mehr passend sein könnte, dann alles neu überdenken!
Das Interview führte Sifu Oliver C. Pfannenstiel
Fotos: WT-Schule Michelstadt