WingTsun

Schulleiter stellen sich vor: Andreas Ertl

Dieses Mal fand das Interview in der bayrischen Metropole München statt. Dort leitet Andreas Ertl seit dem Frühjahr 2011 die EWTO-Akademie München. Sifu Oliver Pfannenstiel zeichnet das nachfolgende Porträt ein Mannes, der WingTsun damit zu seinem Hauptberuf machte.

Zur Person Andreas Ertl:

 Alter:   45
 Graduierung:  2. HG (TG) WT
 Weitere
 WT-Qualifikationen:               
 Fachtrainer Kids-WingTsun und Gewaltprävention,
 Trainer-1-ChiKung, University of Derby-Buxton:
 Certificate of Achievement in Sports Coaching and
 Development
 Mit WT begonnen:  1992
 Schulleiter seit:

 März 2011

 WT-Lehrer und SiFu:  Sifu Michael Schwarz (7. PG)
 Ausbildung/Beruf:  Versicherungskaufmann/-fachwirt (IHK), Fachkraft
 für Arbeits- und  Gesundheitsschutz an der Verwal-
 tungsberufsgenossenschaft (VBG)/EWTO-Schulleiter
 Berufliche Vergangenheit:  Bis 2009 war ich 24 Jahre lang in einem bekannten
 Großunternehmen in unterschiedlichen Funktionen
 und Rollen tätig:
 • Langjährige Führungskraft mit Personalverantwortung
   (14 Jahre)
 • Leitung von unterschiedlichen Organisationseinheiten,
   u.a. zuständig für die unternehmerische Entwicklung
   und Förderung von ca. 2.500 selbstständigen Agen-
   turleitern im Unternehmen
 • Referent, Seminarleiter und Agenturberater u.a. im
   Bereich Mitarbeiterführung, -ausbildung und -motivation
 • Langjähriger Ausbilder von Azubis (Pädagogische
   Ausbildereignung IHK)
 • Verantwortliche Sicherheitsfachkraft im Arbeits- und
    Gesundheitsschutz (VBG) für rund 100 Außenstellen
    und ca. 2500 Mitarbeiter
 Kinder:  1 Tochter (10), 4. KG WT
 Hobbys neben dem WT:  Mountainbike, Schach, Wassersport
 Lieblingsfilm:  –
 Lieblingsmusik:  –
 Lieblingsbuch:  Die Säulen der Erde von Ken Follett
 Lieblingsspeise:  Thailändisches Essen
 Lieblingsurlaubsziel:  Alles, was am Meer liegt; Traumziel aktuell: Great
 Barrier Reef (Australien)
 Ein schöner Tag ist für
 mich, wenn… 
 ich nach getaner Arbeit zufrieden mit meiner Familie
 oder mit Freunden den Abend verbringen kann. Im
 Sommer gern am See; ansonsten auch gern in einem
 Café in München.


Zur WT-Schule:
  

 Größe des Ausbilderteams:                 7
 Ort:  München/Obersendling
 Unterrichtsangebot:         das gesamte Angebot der EWTO; Kurse für Senioren sind
 jedoch noch in der Planung
 Anteil Männer/Frauen/Kinder:  66 %/8 %/26 %
 Termine pro Woche insgesamt:          von Mo bis Sa Unterricht: insgesamt 17 Einheiten pro Woche
   


Das Interview:

WTW: Du hast einen quasi unkündbaren, sehr lukrativen Job als Vertriebsleiter an den Nagel gehängt, um eine WT-Karriere einzuschlagen. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Andreas: Genauer genommen war ich 24 Jahre in einem namhaften Großunternehmen aus der Finanzbranche in unterschiedlichsten verantwortungsvollen Positionen tätig; davon 15 Jahre als Führungskraft mit Personalverantwortung. Hauptgrund für den Ausstieg war, dass der Job mich inhaltlich nicht mehr ausfüllt. Ich hatte einfach genug von ständiger Prozessoptimierung und Arbeitsplatzverdichtung und wollte etwas Sinnvolleres tun. Ein weiterer Grund war, dass ich für meine berufliche Zukunft selbst verantwortlich sein möchte und weniger von Strategieentscheidungen von Vorständen abhängig, die alle paar Jahre wechseln.

Was ist für Dich wichtig im Leben?
Meine Familie, Gesundheit, Spaß an der Arbeit, Gestaltungsfreiheit für Visionen und gute Ideen.

Du bist kein Schulleiter im klassischen Sinne. Welche Aufgabe erfüllst Du in der EWTO-Akademie München? Welche Position nimmst Du dort ein?
Meine Aufgabe in der Akademie ist ganz klar über die Ziele definiert. Wir möchten die Schulen in der Region durch ein professionelles Auftreten am Markt stärken und größter Anbieter im Bereich Kampfkunst und Selbstbehauptung in den nächsten Jahren in München werden. In der Funktion des kaufmännischen Leiters stehe ich in der Verantwortung und freue mich auf diese anspruchsvolle Herausforderung.

Wie bringst Du hier Deine umfangreichen Managementkenntnisse und Erfahrungen aus der mittleren Führungsschicht eines Konzerns erfolgreich ein?
Als Leiter der Agenturberatung war ich mit meinen Mitarbeiter/innen für die erfolgreiche unternehmerische Entwicklung von selbstständigen Handelsvertretern zuständig. Hier konnte ich viel Erfahrung in den Bereichen regionales Marketing, Verkauf, Mitarbeiterentwicklung und Organisation sammeln, die ich jetzt einbringe.
Meine wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Akademie sind Wertschätzung und respektvoller Umgang mit unseren Schülern und Trainern, transparente Regelung der Aufgaben und Zuständigkeiten, Klärung der Erwartungen im Führungsteam sowie eine (ganz wichtig) solide Unternehmens-/Finanzplanung.

Was macht Euch in München so erfolgreich?
Ein wichtiger Grund hierfür ist mein Ausbilder-Team. Ohne den tollen Einsatz jedes Einzelnen wäre die Akademie nicht so erfolgreich gestartet. Gleich zu Beginn konnten wir WingTsun an fünf Tagen die Woche anbieten, inzwischen sogar an sechs Tagen. Dies ist für viele Mitglieder ein wichtiger Grund bei uns anzufangen.
Über Kooperationen mit Vereinen konnte ein erstes Netzwerk (Teilnahme an Bildungs-/Schulveranstaltungen) aufgebaut werden. Über unsere ausführliche Homepage und Internet-Marketing haben wir in wenigen Monaten schon einen ansehnlichen Stamm an Mitgliedern.

Hängt das nicht auch vom herausragenden Wirtschaftsstandort München ab?
Dies ist nur bedingt so. Der Standort München bedeutet gleichzeitig eine hohe Konkurrenz (über 40 Anbieter im Bereich Selbstverteidigung allein in der näheren Umgebung) und eine große Erwartungshaltung bei den Interessenten und Schülern. Jedes neue Mitglied stellt eine Herausforderung und eine Bringschuld dar. Mir ist daher sehr wichtig, dass die Erwartungen der Schüler erfüllt werden. Dafür stehe ich als Schulleiter mit Überzeugung.

Welche Rolle spielen die Leadership-Seminare in eurem Konzept?
Das Leadership- Konzept ist ein wichtiger Baustein in unserer Planung. Man kann es auch so ausdrücken: Das Leadership-Programm ist aus meiner Sicht der Motor für gesundes Wachstum und bewirkt letztendlich die wirtschaftliche Stabilität einer WingTsun-Schule oder -Akademie und trägt maßgeblich zur hohen Qualität der Ausbildung bei.

Charismatisches Zugpferd oder reiner Dienstleister? Welche Rolle spielen WT-Graduierungen für Dich, um erfolgreich eine Schule zu leiten?
Grundsätzlich ist die Graduierung wichtig für die Leitung einer Schule – je höher, desto besser! Ohne das handwerkliche Können sind Menschen schwer zu überzeugen. Aber auch Persönlichkeit und Lebenserfahrung spielen hierbei eine Rolle. In München haben wir eine Sonderstellung. Hier wird die Lehrerausbildung von unseren hohen Meistern übernommen. Somit kann der Schulbetrieb auch von einem Techniker geleitet werden. Wichtig ist jedoch, dass die Unterrichtsinhalte mit den einzelnen Lehrern synchronisiert werden. Unsere Schüler erhalten einen Lehrplan für jeden Schülergrad.

Was sind eure Pläne für 2012?
Angebot der Leadership-Ausbildung, Erweiterung der Trainingszeiten und Erhöhung des Frauenanteils auf 30 Prozent.

Wird das Modell der EWTO-Akademie München auch anderswo Schule machen? Kann man sich so die „WT-Schule der Zukunft“ vorstellen?
Wir erfinden das Rad nicht neu in München. Wenn man sich die Inhalte des Leadership-Programms anschaut, so ist bereits alles vorhanden. Ich denke, dass wir mit den aktuellen Erfahrungen den Prozess der Professionalisierung (auch zum Nutzen der Schüler) von WingTsun-Schulen weiter voranbringen werden.

Nach fast 20 Jahren EWTO-Mitgliedschaft Du erst vor kurzem den 2. Lehrergrad bestanden. Wie kommt das?
Das lässt sich sehr schnell erklären. Hohe berufliche Anforderungen einerseits (viele Dienstreisen, ständige Überstunden und die Erwartung, flexibel einsetzbar zu sein) und andererseits der Wunsch, auch noch etwas Zeit für die Familie zu haben, ließen ein regelmäßiges Training über acht Jahre nicht zu. Das hat sich jetzt sehr geändert. Ich freue mich jetzt auf jede Stunde WingTsun.

Du bist leidenschaftlicher Mountainbiker und liebst Schach. Kannst Du das in Dein WT einbringen oder davon im WT profitieren?
Ausgleich und Abschalten vom beruflichen Alltag sind ein Muss. Mit dem Rad durch die Natur zu fahren, ist für mich die ideale Erholung. Beim Schach mag ich besonders das strategische Denken und die volle Konzentration auf die Situation. Alles Dinge, die im WingTsun wichtig sind.

Wie ist das Verhältnis Männer/Frauen/Kinder bei euch in der Schule?
Männer 66 %, Frauen 8 %, Kids/Jugend 26 %.

Welche Übungen kommen am besten an?
Da wir größernteils Anfänger im Unterricht haben: alle Übungen rund ums BlitzDefence.

Worauf legst Du in Deinem eigenen Unterricht besonderen Wert?
Der Unterricht soll abwechslungsreich und strukturiert aufgebaut sein. Die Schüler sollen sich wohlfühlen.

Mit welchen Eigenschaften siehst Du Dich selbst als WT-Lehrer?
Das müsste jetzt eher ein Beobachter beantworten. Ich würde mich allgemein als Motivator und Begeisterer einschätzen. Außerdem sehe ich bei mir Zielstrebigkeit, Ehrgeiz und Anspruch, vor allem aber Herzblut!

Was bedeutet das Unterrichten für Dich?
WingTsun-Unterricht ist für mich Berufung.

Was willst Du den Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben?
Hier mein Leitsatz für erfolgreiches Handeln: „Wie sich Wasser seiner Umgebung weich anpasst und trotz stärkster Hindernisse (härtestem Fels) seinen Weg bahnt, so passt sich der WingTsun-Kämpfer der überlegenen gegnerischen Kraft an.“

Das Interview führte Sifu Oliver C. Pfannenstiel
Fotos: EWTO-Akademie München