Sicherheit

Im Urlaub vor Gericht (Teil 3)

Ein vermiedener Kampf ist ein gewonnener: In diesem letzten Teil geht es darum, auf was man im Vorfeld achten sollte, um einen Urlaub, der vor Gericht endet, zu vermeiden.

Gefährliche Orte

Die höchste Mordrate (Mörder pro Einwohner) besitzen die Ghettos von New Orleans und Washington D.C. Die höchste Entführungsrate hat Kolumbien. Aber meistens sind es einheimische rivalisierende Organisationen, deren Mitglieder bzw. Angehörige verschleppt werden. Danach folgen Mexiko, Brasilien und Russland.
Das Auswärtige Amt rät Reisenden, die in die USA und nach Mexiko unterwegs sind, sich bei Überfällen nicht zu wehren; denn die meisten Täter sind dort bewaffnet.

Und wer hätte es anders erwartet: Bezüglich Massenschlägereien stehen englische Hooligans auf Platz eins. Wo sie in Horden auftreten, muss man nicht unbedingt gleichzeitig sein oder gar den Urlaub verbringen.

Generell sollte man sich bei der Urlaubsplanung auf den gesunden Menschenverstand und sein Gefühl verlassen. Ob beim Bergsteigen im iranisch-irakischen Grenzgebiet, beim Segeln vor der Küste Somalias, Hochseeangeln im persischen Golf oder beim Trekking durch Kolumbien: Die Entführung von „wohlhabenden Europäern“ ist ein lukratives Geschäft. Den Entführern ist es dabei egal, ob Du ein erfahrener Reisevogel bist, der nur Land und Leute kennen lernen will. Statistisch gesehen ist hier die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass es gefährlich werden kann.

Das Gleiche gilt auch für Gegenden innerhalb Europas. So tauchte beispielsweise in Portugal eine Überfallart auf, die in Brasilien beheimatet ist: das so genannte Arrastão (Schleppnetz). Einige hundert Touristen machten hiermit am 10. Juni 2005 südlich von Lissabon ihre Erfahrung. Etwa fünfhundert 12- bis 20-Jährige attackierten die Badegäste und raubten sie aus. Erst nach dreißig Minuten kamen etwa 60 Polizisten und vertrieben die Lissabonner Vorstadtgangs. Auseinandersetzungen mit großen Jugendgangs kann es genauso an der französischen Mittelmeerküste oder in den Vorstädten von London, Paris oder Neapel geben. Wesentlich hierbei sind nicht unbedingt nur Ort und Zeitpunkt, sondern auch wie man dort auftritt.

"Blitzdefence 0": die Achtsamkeit

Falsche Zeit und falscher Ort sind eine Kombination, die im Nachhinein klar definierbar ist. Aber man kann das nicht von vornherein immer genau wissen, wann es an gefährlichen Orten richtig gefährlich wird oder ob man einfach auch Glück hat.
Wenn man sich entsprechende Reiseforen im Internet durchliest, dann ist es selbst in (statistisch gesehen) prekären Gegenden überall und nirgends so richtig gefährlich. Zu widersprüchlich sind die Angaben, sowohl über Rio de Janeiro als auch über New York, Moskau oder Papua Neuguinea. Wo die einen Urlaub in Angst und Schrecken verbrachten, fühlten sich die anderen zwei Tage später pudelwohl. Das will heißen: Gefahr hängt in der Regel nicht nur von den äußeren Bedingungen bzw. den sozialen Brennpunkten ab.

Es stellen sich damit die Fragen: Wie verhalte ich mich an derartigen Orten? Wie ist meine Befindlichkeit? Was strahle ich anderen gegenüber aus bzw. wie attraktiv gebe ich mich potenziellen Tätern gegenüber als vermeintliches Opfer? Hinzu kommt noch der Zufall bzw. das, was man unter Schicksal versteht (eben: falsche Zeit, falscher Ort). Das Wort „Gefahr“ vereint also ebenso wie das Wort „Sicherheit“ eine Vielzahl von Faktoren (Achtsamkeit, Befindlichkeit, Körperlichkeit usw.), deren Summe entscheidend ist. Demzufolge kann WT helfen, im Vorfeld eine Sensibilität für gefährliche Situationen zu entwickeln. Das kann man unter BlitzDefence 0 verstehen – also bevor wir überhaupt in die Situation für BlitzDefence 1, 2 oder 3 kommen. Gemäß den Sätzen: „Erkenne dich selbst“ und „Erkenne deinen Gegner“, versuchen wir, frühzeitig unser inneres Alarmsystem zu aktivieren und auf unsere innere Stimme zu hören. Was dann noch schief geht, läuft unter Unaufmerksamkeit, Dummheit und eben Schicksal.

Lärmende und prügelnde Urlauber

Andersherum gibt es laut Statistik nicht nur gefährliche Orte, sondern auch gefährliche bzw. unangenehme Urlauber.

Nach einer Umfrage der britischen Zeitschrift „Caterer and Hotelkeeper“ (im Jahre 2003 wurden 1.000 Betriebe befragt) fanden 23 % der Befragten aus dem Hotel- und Gaststättengewerbe deutsche Urlauber am „ungehobeltsten“. Sie würden sich am meisten beschweren und meckern. Ganz dicht auf Platz zwei folgten die Briten (22 %), die dort nach einem Bericht von Spiegel online als „arrogant, dumm, betrunken“ gekennzeichnet wurden. Danach auf Platz vier und fünf kamen die US-Amerikaner und die Franzosen (mit je 18 %).

Dass speziell die Deutschen nicht überall gut ankommen, ging vor ein paar Jahren durch die Medien: Einen Skandal löste der italienische Staatssekretär Stefano Stefani im Sommer 2003 aus. Er beschimpfte die deutschen Gäste in Italien als „einförmige, supernationalistische Blonde”, die „lärmend über unsere Strände herfallen”. Später musste er deswegen zurücktreten. Zum einen gibt diese Aussage sicherlich Klischees wieder. Zum anderen mag sie einen Wahrheitsgehalt haben. Immer wieder fallen Urlauber auf, die sich in den Gastländern daneben benehmen oder sogar handgreiflich werden.

Dabei geschieht es im europäischen Ausland vergleichsweise selten, dass Urlauber wegen einer handgreiflichen Auseinandersetzung vor Gericht landen; denn die Toleranz anderer Länder gegenüber pöbelnden, schlagenden Urlaubern ist recht groß, zumal sich niemand die Geschäfte mit ihnen verderben will. Das hat auch eine schwäbische Reisegruppe erfahren, die im Juni 2007 im Flugzeug von Frankfurt am Main nach Palma de Mallorca die Fluggäste anpöbelte und Handgreiflichkeiten anzettelte. Das Personal blieb untätig und berief sich darauf, kein Deutsch zu verstehen. Die spanische Polizei empfing die fliegende Vereinsfeier und nahm mehrere Personen vorläufig fest. Die Beschuldigten wurden anschließend wieder freigelassen.

Ganz anders läuft dies in anderen Regionen der Welt bzw. im Falle schwerer Körperverletzung. Wenn Deutsche andere Mitbürger im Ausland behelligen, so läuft das Gerichtsverfahren in der Regel im Heimatland. Das prominenteste Beispiel hierfür ist der Welfenprinz Ernst August von Hannover. Dieser stand 2004 wegen einer Körperverletzung wiederholt vor Gericht. In der zweiten Instanz verurteilte ihn das Landgericht Hannover zu einer Geldstrafe von 445.000 Euro. Der nun Vorbestrafte hatte im Januar 2000 in Kenia einen deutschen Diskothekenbesitzer mit einem Schlagring verprügelt.

Generell gilt bei Delikten im Ausland: Das Konsulat ist die erste Anlaufstelle.

Konsulat als Rettungsinsel?

Um es vorab klarzustellen: Im Konsulat bekommt man kein Geld oder gar einen Anwalt bezahlt. Bestenfalls kann das Konsulat eine Kommunikationsschnittstelle zwischen dem Angeklagten und der Familie im Heimatland sein. Es setzt auf die Hilfe zur Selbsthilfe und führt auch Rechtsberatungen durch. Außerdem kann man hier Adressen von Anwälten bekommen. Wer im Gefängnis landet, kann mit der Betreuung durch das Konsulat rechnen.

Inzwischen gibt es Urlaubsschutzbriefe von Versicherungen, die im Falle von Auseinandersetzungen vor Gericht (z.B. auch wegen Körperverletzung) Anwaltskosten bis zu einem gewissen Betrag übernehmen. Hierzu sollte man sich bei seiner Reiseversicherung informieren.

Fazit

Was man aber mit Bestimmtheit zu sagen vermag, ist, dass die Rechtsprechung von Land zu Land sehr unterschiedlich sein kann. Majestätsbeleidigungen, die Mitnahme „alter Steine“ oder Handgreiflichkeiten können in anderen Staaten sehr hart bestraft werden.

Für außereuropäische Reisen gilt: Wer sich auf alle rechtlichen Eventualitäten vorbereiten will, kann sich vor Reiseantritt vom Bundesjustizministerium bzw. vom Auswärtigen Amt zum jeweiligen Land die „Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten“ beschaffen oder einfach über das Urlaubsland telefonisch informieren. Auch Reisewarnungen für bestimmte Gebiete werden vom Auswärtigen Amt veröffentlicht. Die Unterlagen gibt es dort online nachzulesen.

Hält man sich an solche Warnungen, informiert sich über die jeweiligen Regionen, in die man reist, und respektiert die dortigen Sitten und Gebräuche und hat dann noch eine gesunde Portion Achtsamkeit („BlitzDefence 0“) im Gepäck, kann man seinen Auslandsaufenthalt in vollen Zügen genießen.

Der Autor ist kein Jurist und übernimmt keine rechtliche Gewähr.

Sifu Oliver C. Pfannenstiel