Editorial

Zurück in die Zukunft – oder – Vorwärts in die Vergangenheit

Ein aufregendes Jahr neigt sich seinem Ende zu. Im Verlauf dieses Jahres gelang es, unser WT ein ganzes Stück „weiter“-zubringen.

„Weiter zurück“ zur alten chinesischen Tradition, indem wir uns wieder besannen auf die im Hongkonger wing chun längst vergessene chinesische „Schöpfungsgeschichte“. Wir wollen die Gesetze unseres Bewegens und unsere jegliche Bewegung auf WuJi, TaiJi, Yin/Yang usw. zurückführen und begründen und daraus in Verbindung mit den klassischen Polaritäten wie „Aufmachen und Zumachen“ usw. unser Bewegungsmaterial generieren können.

Unser Bewegen geht von Stärke zu Stärke und nicht nur vom sicheren Hafen einer Endposition zum nächsten. In jedem beliebigen Punkt unseres Bewegungsflusses können wir somit optimale Kraft hervorbringen, die sich in Absorbieren oder Projizieren im „Meeting Point“ äußert.

„Weiter voran“ zu einem stilfreien, prinzipientreuen, funktionsorientierten Kampfkunst-System, das sich in ständiger Evolution befindet, bei dem die Form der Funktion folgt und nicht umgekehrt.
Ein System, bei dem es nicht darum geht, Übungen zu üben, sondern aus ihnen zu lernen.

Wir wollen nicht Techniken einschleifen, um sie 1:1 im Kampf anzuwenden, sondern die ewigen funktionalen Prinzipien des WT erkennen und verstehen und diese im Kampf umsetzen.

Kein „Gliederpuppen-WingTsun“ soll verwirklicht werden, sondern ein ganzkörperliches WT, das die Initialkraft des Rumpfes benutzt.

Unser WT soll konsequent den beiden Prinzipien von kooperativer Adaptation („Nimm auf, was kommt“) und indifferenter Assimilation („Ist der Weg frei, geh vor“) folgen.

Statt naiv zu hoffen, dass die traditionellen Formen automatisch die nötigen Kampffähigkeiten (1. Achtsamkeit, 2. Gewandtheit/Geschicklichkeit, 3. Balance, 4. Körpereinheit, 5. sinnliche Wahrnehmung, 6. Timing/Distanzsinn, 7. Kampfgeist/Resilienz) hervorbringen, steuern wir diese auf direktem Wege und gezielt an und überlassen nichts dem Zufall.

Die Formen verwenden wir zu dem Zweck, für den sie geschaffen wurden: um uns „in Form“ zu bringen, und zwar in Form mit uns selbst, so dass wir die Körpereinheit erlangen. Dann bewegen sich harmonisch alle unsere Körperteile, wenn sich ein Einzelner bewegen will.

ChiSao trainieren wir, um ein Körper mit dem Gegner zu werden und über alle seine Absichten unmittelbar durch den „Muskelsinn“ Bescheid zu wissen, bevor er sie in die Tat umsetzen kann.

LatSao/Kampftraining, vertikal und horizontal, wird künftig mehr betont werden als zuvor, aber mit dem erforderlichen Augenmaß.

Über allem wird die Ausbildung der Achtsamkeit stehen, die wieder ihre Rolle und Bedeutung zugemessen bekommen soll, wie es im zen-buddhistischen Shaolin-Kloster und auch bei den japanischen Samurai der Fall war.

Eine besinnliche und achtsame Vorweihnachtszeit wünscht

Euer SiFu/SiGung
Keith R. Kernspecht