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Worte können verletzen – die verbale Phase im Ritualkampf

Eigentlich richten Worte zunächst einmal keinen körperlichen Schaden an. Allerdings darf man die psychische Belastung – etwa beim Mobbing – nicht außer Acht lassen. Aber ähnlich wie beim provozierenden Blick gilt hier: Vermittelt einen kontrollierten und souveränen Eindruck!

Wie entsteht ein Streit? Es gibt natürlich viele verschiedene Ursachen. Im Ritualkampf beginnt das Ganze mit einem herausfordernden Blick. Wenn wir die Situation hier nicht schon entschärfen können, kommt direkt ein blöder Spruch hinterher.

Steht der Angreifer so vor euch, gilt es, die Hände vor dem Körper bereit zu haben.

Spätestens hier, wenn der Angreifer sich in Gesprächsdistanz gepöbelt hat, solltet ihr eure Vorkampfhaltung einnehmen. Ihr könnt diese auch geschickt tarnen. Beispielsweise „kratzt“ ihr euch am Kinn. Wichtig ist auf jeden Fall, dass die Hände oben – zwischen euch und den Armen des Pöblers – sind und jederzeit einen möglichen Angriff abwehren können.

Aber wie reagieren wir jetzt richtig auf einen Spruch? Es gibt hier leider keine Musterlösung. In den allermeisten Fällen solltet ihr bei dummen Anmachsprüchen ganz auf eine Antwort verzichten. Ignoriert den Angreifer einfach und geht weiter, wenn es möglich ist, wobei ihr euch von Zeit zu Zeit vergewissert, dass euch der Pöbler nicht folgt.

Achtung: Ignorieren heißt nicht, dass wir so tun, als wäre der andere nicht da. Ignorieren bedeutet für uns, dass wir dem Angreifer keine offensichtliche Beachtung schenken. Er muss in unserem Gefahrenradar präsent sein, aber wir müssen deshalb nicht auf die Sprüche eingehen. Sollte das Ignorieren, aus welchen Gründen auch immer, nicht möglich sein, solltet ihr folgendermaßen reagieren:

Sprecht den Angreifer immer mit „Sie“ an. Das schafft Distanz und signalisiert Umstehenden, dass ihr den Angreifer nicht kennt.

Nicht nur verbale, auch die Körpersprache sollte Verteidigungsbereitschaft signalisieren.

Sagt laut und deutlich zum Beispiel: „Lassen Sie mich in Ruhe! Sie müssen mich mit jemandem verwechseln!“. Es handelt sich um eine Grenzüberschreitung des anderen, die sehr schnell und gefährlich eskalieren kann. Falsche Bescheidenheit hat hier nichts mehr zu suchen.

Formuliert eure Antworten als Befehle, die klar zum Ausdruck bringen, was ihr wollt. Denkt immer daran, dass Täter Opfer suchen. Und ein lautstarkes und selbstbewusstes Auftreten passt ziemlich sicher nicht in das Beuteschema des Täters. Außerdem macht Umstehenden klar, dass ihr nicht der Angreifer seid, der den Stress verursacht.

Schon bei den ersten Schülergradprogrammen übt ihr beim Thema BlitzDefence solche „Rollenspiele“. Wichtig dabei ist, dass hier nicht nur die Techniken, wie Blitz1 oder Blitz2 etc., geübt werden, sondern, dass ihr auch an eurem Auftreten, eurer Sprache, Mimik und Gestik im Training arbeitet.

Ihr werdet feststellen bzw. festgestellt haben, dass ihr euch am Anfang ziemlich unwohl beim Üben fühlt, da ihr im Training ja auch immer wieder die Rolle des pöbelnden Angreifers übernehmen müsst. Aber nur so könnt ihr „gefahrlos“ üben, dass es selbstverständlicher und leichter für euch wird, sich entschieden – gegebenenfalls auch lautstark – mit der Stimme zu wehren.

Text: Sadek Radde/hm
Fotos: mg