WingTsun

Frischgebackene WingTsun-Akademiker

Am 24. April 2008 saßen die WingTsun-Studenten im Hörsaal der Universität Plovdiv, um etwas zu verteidigen, ohne dabei körperlich WT anwenden zu können: ihre Bachelor-Arbeit.

„Sehr geehrter Vorsitzender des Prüfungskomitees, sehr geehrtes Prüfungskomitee!“ Nach diesen einleitenden Worten ging es los mit der sogenannten Verteidigung der schriftlichen Abschlussarbeit. In Kurzfassung musste das Thema vorgestellt werden, womit sich jeder Student zuvor wochen-, ja monatelang intensiv befasst hatte. Danach erfolgte eine Befragung durch die Prüfer zum jeweiligen Themengebiet.
Die Studenten saßen vor dem Prüfungsausschuss und hatten quasi eine Verteidigung gegen mehrere zu absolvieren. Der Adrenalinpegel war auf erhöhtem Niveau, konnte aber nicht durch bewährte Angriffsbewegungen abgebaut werden. Hier halfen keine Kettenfauststöße, Krokodilsschwänze oder sonstige WingTsun-Lösungen der ersten Ebene.
Doch das vierjährige Hochschulstudium zeigte seine Wirkung. In dieser Zeit hatten sich die Prüflinge so viel Wissen angeeignet, dass sie die gestellten Fragen geschmeidig aufnehmen und die Antworten gezielt an die Prüfer zurückgeben konnten.
Nachdem der dicke Stapel mit allen Bachelor-Arbeiten durchgearbeitet war – die Prozedur dauerte mehrere Stunden -  zog sich das Prüfungskomitee zur Beratung zurück.
„Uff, geschafft!“ Langsam löste sich die im Raum angestaute Spannung. Jeder ging auf seine Art mit dieser für die meisten doch unbekannten Situation um. Aber alle hatten sie gemeistert und wie die nach Abschluss der Beratung erfolgte Rückgabe der Studienbücher zeigte – mit Bravour.
Am Abend konnten alle Studenten das gemeinsame Abschlussessen mit Professoren und Prüfern genießen und dabei auch noch im Fernsehen den Bericht verfolgen, der morgens von einem bulgarischen Fernsehteam von der Prüfung gemacht worden waren.
So fand die Prüfungswoche einen krönende Abschluss. Begonnen hatte sie mit dem Hospitieren des Sportunterrichts an einem bulgarischen Gymnasium. Dort hielten die Studenten am folgenden Tag auch  eine eigene Lehrprobe ab,  womit der praktische Teil der Prüfung  absolviert wurde. Der theoretische Teil bestand in einer schriftlichen Arbeit und deren beschriebenen Verteidigung vor dem Prüfungsausschuss.
Was vor über 10 Jahren als Traum begann, wurde mit diesem Bachelorabschluss endlich Wirklichkeit: Es ist gelungen WingTsun als akademisches Studium zu etablieren. Dieser Erfolg ist insbesondere der Vision und der Ausdauer eines Mannes zu verdanken: Professor Keith R. Kernspecht.
Und der Abschluss Bachelor soll erst der erste Schritt auf dem weiteren akademischen Karriereweg des WingTsun sein.

Text: Heidemarie Muxfeldt
Fotos: Markus Gensichen