WingTsun

Der Schwan kehrt zurück

Jeder kennt das Märchen, in dem aus dem hässlichen Entlein ein Schwan wird. Das Leben schreibt solche Geschichten aber leider auch umgekehrt: vom schönen, selbstbewussten, geliebten Schwan zum hässlichen, gebrochenen Entlein. Doch durch WingTsun-Training ließ sich die nachfolgend beschriebene Lebensgeschichte wieder zu einem glücklichen Ende umkehren.

Es war das Jahr 1942 als die junge, unerfahrene Maria die Sicherheit ihres Elternhauses in Westerende-Holzloog, Ostfriesland, verließ. Sie reiste auf einem offenen Lastwagen, der mit Mehlsäcken beladen war, nach Hannover. Dies war gegen den Willen von ihrem Vater. Ihm war damals die Gefahr des Krieges, besonders in den großen Städten, bewusst.
Doch Maria hatte sich von ihrem Ziel, sich als Krankenschwester und Hebamme um die Kranken zu kümmern, die Verwundeten zu versorgen und den Babies beim Start ins Leben zu helfen, nicht abbringen lassen.
In den nächsten drei Jahren erlebte Maria den Schrecken des Krieges.
Das Krankenhaus wurde regelmäßig bombardiert – die Evakuierung in den Keller, nicht nur jeden Abend, war eine tägliche Routine. Sehr tapfer und entschlossen verließ sie nie ihren Posten und blieb, um den anderen beizustehen.

Am Ende des Krieges wurde Maria in das Krankenhaus Soltau versetzt.
„Kannst du ein Musikinstrument spielen?“ fragte sie der Chefarzt. „Ja, die F-Flöte“, antwortete Maria.
Dies war der Beginn einer langen, besonders herzlichen und schönen Liebesgeschichte:
1954 heiratete Maria ihren Chefarzt. Sie führte mit ihm ein sehr erfolgreiches und erfülltes Leben.
Nach den Zerstörungen des Krieges bauten sie sich aus den Ruinen gemeinsam eine Praxis mit eigener Röntgen- und Laborabteilung auf und konnten dreizehn Arzthelferinnen beschäftigen. Gleichzeitig gründeten sie ihre kleine Familie mit zwei Töchtern und einem Sohn. Das Band ihrer Liebe verstärkte sich mehr und mehr.
Maria und ihr Chefarzt waren zu einer Einheit und einer Person geworden. Nichts ging ohne den anderen. Alles war perfekt. Bis 2006 – als ihr geliebter Ehemann verstarb und sie allein zurückließ.

Vom schönen Schwan zum hässlichen Entlein

Nach 57 Jahren glücklichen Zusammenseins zerbrach ihr Herz – wie das Herz eines Schwans, der seinen Partner verliert.
Ihre Lust am Leben war total zerstört und sie fiel in sich zusammen – zerbrochen, verwirrt und apathisch. Maria war immer ein Energiebündel gewesen, aber jetzt wurde sie ein leeres einsames und sehr trauriges Wrack. Aus dem einst stolzen Schwan wurde ein hässliches Entlein.
Während der zwei Jahre nach dem Tode ihres geliebten Mannes verlor Maria ihr ganzes Selbstbewusstsein und körperlich mehr und mehr ihre Koordination. Nicht zuletzt kämpfte sie mit ihrem Erinnerungsvermögen und ihrer tiefen Trauer. Versuche ihrer Tochter Johanna, sie zu überzeugen, zu ihr zu ziehen und bei ihr zu leben, scheiterten immer wieder.
Im August 2009 konnte ihre Tochter Johanna den Zustand ihrer Mutter kaum mehr ertragen und als endlich ein telefonischer Hilferuf ihrer verlorenen, zerbrochenen, verzweifelten und unterernährten Mutter kam, holte sie sie sofort zu sich ins Tegernseer Tal.

Rückkehr des Schwans

Vier Monate päppelten Johanna und ihr Mann Alun sie körperlich und seelisch auf. Und dann konnten SiHing Michael Böffel und Alun sie dazu überreden, WingTsun auszuprobieren.

Jetzt trainiert Maria zwei Mal die Woche. Sie bekommt die Liebe und Fürsorge ihrer Familie, nicht nur von Johanna und Alun, sondern auch von den Mitgliedern der WingTsun-Familie der Dürnbacher WT-Schule und natürlich speziell von SiHing Michael Böffel.

Ihr Selbstbewusstsein ist wieder da. Ihr Wille ist wiedergeboren und ihre körperliche Kraft hat sich immens gesteigert. Mit 85 Jahren hat sie sich den Mut zum Kämpfen [zurück]erobert. Der stolze Schwan ist zurückgekehrt.
Maria ist wieder da!!!

Dank WingTsun haben wir einen Weg gefunden, Maria ein neues Lebenselixier zu geben.

Text: Alun Graham
Fotos: Johanna Grimm/hm