Sicherheit

Das FBI feiert 100 Jahre – Teil 2

In seiner hundertjährigen Geschichte kann das FBI auf eine lange Liste von Erfolgen, Innovationen und Fehlschlägen zurückblicken.

Nachdem in Teil 1 die Struktur der mächtigen Institution FBI vorgestellt wurde, folgen jetzt spannende Schlaglichter aus der Historie.

Am 25. Juni 1910 verabschiedet der Kongress das Weiße-Sklaven-Handelsgesetz (White Slave Traffic Act), womit das Verbringen von Frauen in einen anderen Bundesstaat verboten ist, wenn damit unmoralische Absichten verbunden sind. Vor knapp hundert Jahren stellte das tatsächlich ein großes Problem in den USA dar und hatte nicht nur einen prüden Hintergrund.

Am 10. Juni 1918 wird bekannt, dass sich 308.489 amerikanische Männer dem Wehrdienst entziehen, die rechtlich als Deserteure gelten. Das BI beteiligte sich neben anderen Behörden an der Fahndung, allerdings gelingt die Festnahme nur von 1.505 flüchtigen Männern.

Seit der Verabschiedung des Prohibitionsgesetzes herrschte von 1920 bis 1933 in den Vereinigten Staaten ein absolutes Alkoholverbot. Was zuerst wie ein Sieg der Konservativen aussah, zeigte schnell und deutlich, dass Millionen von Amerikanern gegen dieses Verbot verstießen und nun in die Kriminalität abgedrängt wurden. „Flüsterkneipen“ (Speakeasies) entstanden quasi an jeder Straßenecke, die Korruption blühte, das organisierte Verbrechen breitete sich für die nächsten Jahrzehnte über die gesamte USA aus. Bei einem Herstellungspreis von drei Dollar pro Fass Bier und einem Verkaufspreis von 60 Dollar sind diese Auswüchse verständlich. Das BI hatte bei der Bekämpfung der größten Auswüchse nur eine Randaufgabe (z.B. beim Übertreten der Staatsgrenzen unter gleichzeitigem Mitführen von Alkohol), konnte aber auch nichts ausrichten.

In den Vormittagsstunden des 10. Mai 1924 wird J. Edgar Hoover zum Direktor des BI befördert. Er baut es stetig zu einer der weltbesten Polizeibehörden aus. Auch wenn er dazu manchmal seine „eigenen Methoden“ hatte, die sich retrograd/rückblickend nur mit dem Wort Zeitgeist erklären lassen. Er ist eine charismatische Führungsfigur und wird oft mit der belegten Aussage: „Mir ist es egal, wer unter mir Präsident ist“, zitiert. Er hatte diese Position, die teilweise die einflussreichste in den USA ist, bis zu seinem Tode 48 Jahre später – unter acht US-Präsidenten – inne.

Im Oktober 1924 erhält Hoover den Auftrag, die Zustände im Bundesgefängnis von Atlanta zu untersuchen. Den Memoranden der damaligen Zeit nach, herrschen dort chaotische Zustände: Gefangene gehen in Zuchthaustracht ohne Bewachung außerhalb der Anstalt spazieren, auf der Veranda des Gefängnisdirektors A. Sartain feierten Inhaftierte eine wilde Party, über der Garage des Direktors finden regelmäßige Pokerrunden statt und das Postzimmer der Anstalt untersteht dem wegen Postraubes zu 25 Jahren verurteilten Schwerkriminellen G. Webb. Zudem ist fast jeder Wärter korrupt und erhält zwischen 100 und 5.000 US-Dollar Bestechungsgeld. Selbst der Kaplan des Gefängnisses missbraucht seine Stellung als Seelsorger und nimmt hohe Summen entgegen. Aufgrund der guten Vernehmungsmethoden gelingt durch eindeutige Zeugenaussagen/Indizienbeweise schnell die Überführung und Verurteilung der Verantwortlichen. Viele Wärter werden entlassen oder erhalten angemessene Strafen. Der Direktor selbst erhält 18 Monate Gefängnis sowie die Häftlingsnummer 24.207 in seiner ehemaligen Strafanstalt. Nur der Kaplan kommt „ungeschoren“ davon, da die Beweise nicht ausreichen und die Geschworenen sich wohl davor scheuten, einen „Mann Gottes“ schuldig zu sprechen.

Die Agenten verhaften am 27. März 1929 den Verbrecher-König (Criminal Kingping) Al Capone in Florida, als er es versäumt, einer gerichtlichen Vorladung Folge zu leisten. Dies sorgt für Furore, jedoch kommt Capone noch einmal davon, wird aber später für mehrere Jahre wegen Steuerhinterziehung inhaftiert.

Der Gangster „Machine Gun“ Kelly prägt im August 1933 maßgeblich den Spitznamen „G-Men“ für die FBI-Agenten. Bei seiner Festnahme wird er so erschreckt, dass er Zeugen zufolge panisch schrie: „Nicht schießen, G-Men, nicht schießen.“ „G-Men“, die Kurzform für Government Men, wird schnell zum Synonym für die Spezialagenten in aller Welt.

Das FBI schafft sich in den 1930er Jahren der amerikanischen Gangsterarea weltweit einen Namen, da die Agenten bei der Fahndung und Festnahme der „Staatsfeinde“ wie Bonnie und Clyde, John Dillinger, „Baby Face“ Nelson u.a. entscheidend mitwirken.

Hoover professionalisiert Mitte der 1930er Jahre sein Aktensystem. Er gibt Anweisungen, die „brisantesten Fälle“ in einer „dienstlichen und vertraulichen Akte“ abzulegen. Zu einem späteren, unbekannten Zeitpunkt schafft Hoover eine zweite Akte über heikles Material, die „persönliche und vertrauliche Akte“, in der Informationen gegen berühmte Personen aus Politik und Gesellschaft enthalten sind. Diese Akten verschaffen Hoover einen enormen Vorteil in den kommenden Jahrzehnten, werden ihm aber auch stetige Kritik einbringen. Wenige Stunden nach seinem Tode am 2. Juni 1972 vernichten seine langjährige, getreue Sekretärin und sein Fahrer/Bodyguard einen Großteil davon.

1939 bestätigt der oberste Gerichtshof der USA das Kommunikationsgesetz 605, welches ein Abhören verbietet und die Verwendung von illegalem Material von vornherein ausschließt. Das gilt auch für die Bundesagenten, jedoch erhalten diese von höchster Stelle oftmals Ausnahmegenehmigungen.

In der Zeit des Zweiten Weltkrieges sind die FBI-Agenten mit der Bekämpfung der Spionage und versuchter kommunistischer Umstürze beschäftigt. Mehrfach gelingt dem FBI das Aufspüren von kompletten Spionageringen und deren Technikanlagen.

Der Exekutivbefehl 9835 vom 21. März 1947 führt das Loyalitätsprogramm für alle Mitarbeiter des Bundes ein, die nun eine demokratische, aber auch eine „regierungsbejahende“ Einstellung haben müssen. Diese Standards für „entschiedene Loyalität“ werden unter den Präsidenten Truman und Eisenhower noch verstärkt. Heute leitet das FBI Hintergrundermittlungen (auch mit dem Lügendetektor), um Kandidaten für hohe Regierungsposten zu überprüfen, bevor der US-Präsident sie ernennt.

Zusätzlich zur Verwaltung von Informationen zu flüchtigen Personen in der NCIC-Datenbank veröffentlicht das FBI seit 1950 eine Liste der zehn meistgesuchten flüchtigen Personen, die als besonders gefährlich eingestuft sind. Die Behörde veröffentlicht diese Informationen auf ihrer Website, im Radio oder in der Fernsehsendung America’s Most Wanted. Das FBI konnte dadurch mit Unterstützung der Bevölkerung bereits viele Verbrecher festnehmen. Diese neuartige Methode der Öffentlichkeitsfahndung wird von Polizeibehörden anderer Länder (in Teilbereichen auch in Deutschland) übernommen.

Der Prozess gegen Julius und Ethel Rosenberg, David Greenglass und Morton Sobell, wegen Verschwörung und Spionage, beginnt am US-Amtsgericht in New York City am 6. März 1951. Die Rosenbergs werden zum Tode, Sobell zu 20 und Greenglass zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Seitdem wurden etliche Untersuchungen über die „wahre Schuld“ der Rosenbergs, insbesondere über Ethel, initiiert. Aktuelle Erkenntnisse und Aussagen von ehemaligen UDSSR-Geheimdienstoffizieren belegen eine klare Schuld von Julius Rosenberg, wenn auch nicht in dem damals propagierten Umfang.

Am 28. August 1956 autorisiert Hoover persönlich COINTELPRO, ein Programm, das die kommunistische Partei „zermürben, stören und diskreditieren soll“, indem „Unstimmigkeiten unter den Mitgliedern gefördert“ und „geringschätzende Informationen“ über prominente Kommunisten an sorgfältig ausgewählte Reporter, Kolumnisten und öffentliche Beamte verbreitet werden. Diese Methode wird später noch gegen andere so genannte Staatsfeinde eingesetzt.

Der New Yorker Polizist Edgar Croswell deckt am 14. November 1957 eine Tagung von ca. 100 Verbrecherbossen auf, die sich aus dem ganzen Land auf dem Gut von Joseph Barbara in Apalachin/New York versammelt haben. Dieses durch Zufall enttarnte Treffen der Cosa Nostra lenkt das Interesse vieler Strafverfolgungsbehörden (wieder) auf das organisierte Verbrechen. Direktor Hoover ruft am 27. November das „Top Hoodlum Program“ ins Leben, um Informationen über prominente kriminelle Anführer und ihre Aktivitäten zu erhalten.

Justizminister Robert F. Kennedy genehmigt am 13. Oktober 1963 die Bitte des FBI, das Hauptquartier und den Wohnsitz von Dr. Martin Luther King jr. wegen „Vorbereitungshandlungen zu Straftaten“ abzuhören. Kennedy genehmigt die King-Abhörung unter der Bedingung, dass das FBI binnen 30 Tagen eine erneute Wiederbewertung der Einsatzlage vornimmt und damit ersichtlich wird, ob ein weiteres Abhören nötig ist. Diese Wiederbewertung erfolgt nicht, das Abhören von King wird 1965 eingestellt und hat bis dahin viel kompromittierendes Material (u.a. über seine extremen sexuellen Ausschweifungen) angesammelt.

Am 21. Juni 1964 werden die Bürgerrechtsarbeiter James E. Chaney, Andrew Goodman und Michael Schwerner in der Nähe von Philadelphia, Mississippi ermordet. Die MIBURN-Untersuchung des FBI stellt die Agenten vor eine schwere Aufgabe, da sich ein kompletter Landstrich „verschworen“ hat. Dennoch gelingt die Überführung von acht Tätern, einschließlich Hilfssheriff Cecil Price und Sam Holloway, eine Führungsfigur des Ku-Klux-Klans in Mississippi und eine Verurteilung zu geringfügigen Haftstrafen.

Der Kongress stimmt im Oktober 1970 dem RICO-Gesetz zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens zu. Es gibt dem FBI die wichtige Handhabe, strukturierte kriminelle Organisationen wegen ihrer gesamten kriminellen Tätigkeiten strafrechtlich zu verfolgen, anstatt gegen Einzelpersonen zu ermitteln oder die Organisation als eine kriminelle Verschwörung ansehen zu müssen. Durch das RICO-Gesetz erhöht sich das Strafmaß auf eine Mindeststrafe von 20 Jahren. Es erlaubt auch die Beschlagnahme und den Verfall von Eigentum der „Mafia-Angehörigen“.

Nachrichtenberichte decken am 3. Februar 1980 die ABSCAM-Ermittlung des FBI auf, bei dem sich Agenten undercover als arabische Scheichs (mit Beratern) ausgaben und versuchten, Kongressmitglieder zu bestechen, um sich politische Gefälligkeiten zu sichern. Sechs US-Kongressabgeordnete, ein US-Senator und zahlreiche Staatsbeamte werden in einem der ersten Fälle, in dem verdeckt eingesetzte Filmkameras Anwendung finden, überführt.

Eine Serie von Verhaftungen wegen Spionage charakterisiert 1985 als „das Jahr des Spions“. Am 21. November wird Jonathan Jay Pollard, ein Geheimdienstanalytiker der Navy, wegen Spionierens für Israel festgenommen und später verurteilt. Am 23. November wird Larry Wu Tai Chin, ein ehemaliger CIA-Analytiker, wegen Spionierens für die Volksrepublik China seit 1952 verhaftet und begeht später Selbstmord. Am 25. November erfolgt die Festnahme eines dritten bedeutenden Spions: William Pelton, ehemaliger Beschäftigter der Sicherheitsagentur National Security Agency (NSA), wird nach Ermittlungen des FBI für schuldig befunden, militärische Geheimnisse an die Sowjetunion verkauft zu haben. Erst ein Jahr zuvor war Spezialagent Richard W. Miller der erste FBI-Angehörige in der Geschichte, dem ebenfalls Spionage nachzuweisen war.

Am 18. Januar 1990 verhaften FBI-Agenten und Polizisten den Bürgermeister von Washington D.C., Marion Barry, u.a. wegen des Besitzes von Kokain. Obwohl im Laufe der Ermittlungen 14 Anklagepunkte (z.B. Meineid, Förderung der Prostitution) entstehen, wird Barry nur wegen des Kokainbesitzes überführt und verurteilt. Er wird später dennoch in wichtige Ämter wiedergewählt.

FBI-Spezialeinheiten und weitere Gesetzeshüter retten am 30. August 1991 neun Geiseln, die von kubanischen Flüchtlingen im Bundesgefängnis von Talladega, Alabama festgehalten werden. Die Geiseln sind unbeschadet. Nur ein Insasse erleidet während der Rettungsoperation Verletzungen.

Am zweiten Jahrestag der Waco-Tragödie explodiert am Alfred-P.-Murrah-Bundesgebäude in Oklahoma City, am 19. April 1995, eine Lastwagenbombe, die 168 Leute tötet, über 500 verletzt sowie das neunstöckige Gebäude zerstört. Präsident Clinton überträgt die Leitung der Ermittlungen dem FBI, auch wenn andere Behörden wichtige Beiträge dazu leisteten. Nach kurzer Zeit konnten Timothy J. McVeigh und Terry L. Nichols der Tat überführt werden. McVeigh erhält die Todesstrafe und Nichols lebenslange Haft.

Am 08. Dezember 1997 präsentiert das FBI sein neues nationales DNA-Index-System (NDIS) einer staunenden Öffentlichkeit. NDIS erlaubt es forensischen Wissenschaftslaboren gewalttätige Serienverbrechen untereinander sowie mit Datensätzen bekannter Gewalt- und Sexualstraftäter abzugleichen, um auf tatrelevante Merkmale zu stoßen. Das FBI leistet bei der kriminalistischen Nutzung des „genetischen Fingerabdrucks“, der DNA-Spur, unschätzbare Pionierarbeit. Damit gelingt es, viele ungeklärte, teils Jahrzehnte zurückliegende Verbrechen noch aufzuklären.

Osama Bin Laden wird am 7. Juni 1999 auf die FBI-Liste der „zehn meistgesuchten Flüchtigen“ gesetzt, da akribische Ermittlungen seinen Auftrag zu den Bombenattentaten auf die US-Botschaften in Ostafrika aufdecken.

Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 in New York und Washington setzt das FBI 7.000 der 11.000 Spezialagenten in die PENTTBOM-Ermittlung ein. Das kreierte Wort PENTTBOM ist ein Synonym und steht für „Pentagon/Twin Towers Bombing“.

Am 26. Oktober 2001 unterzeichnet Präsident Bush jr. den Patriot Act. Mit diesem Patriotismusgesetz erhält das FBI weitere Gelder, kann zusätzliche Agenten einstellen und darf bei Terrorismusverdacht erweiterte operative Maßnahmen (Kommunikationsüberwachung, Zuhilfenahme von Satellitentechnologie usw.) ergreifen, die zuvor gesetzlich nicht zulässig waren.

Das FBI-Büro in Philadelphia unterstützt ab Januar 2006 öffentliche und private Organisationen bei der Bildung einer Zeugenkooperationskampagne, um Zeugen von Verbrechen zur Aussage zu ermutigen. Die Kampagne ist unter dem Slogan „Step Up, Speak Up“ (Stehe auf und rede) bekannt.

Am 7. Februar 2008 gibt das Bureau gemeinsam mit lokalen, staatlichen und föderalen Partnern eine große Razzia gegen die Mafia in New York bekannt, zudem die Anklageschrift gegen die Führung der Gambino-Familie, eines der fünf großen OK-Syndikate im Big Apple. Es ergehen 57 Verhaftungen sowie mehr als fünf Dutzend Anklagen, auch gegen die Bauindustrie und ihre unterstützenden Gewerkschaften. Die Beschuldigungen umspannen etwa drei Jahrzehnte und schließen Mord, Drogenhandel, Geldwäsche und Erpressung mit ein

Die Bundespolizei FBI, das Federal Bureau of Investigation, feierte am 26. Juli 2008 ihr 100-jähriges Bestehen. Es hat sich trotz einiger Rückschläge bewährt und der amerikanischen Nation durch Ermittlungen, Geheimdienstarbeit und Strafverfolgungsdienste unverzichtbare Dienste erwiesen.

 

Text: Sifu Dr. Frank B. Metzner & Sifu Joachim Friedrich
Fotos: US-National-Archives, FBI in Washington und Quantico/USA, Frank Metzner und Kai Dahlke
Collagen/graphisches Tuning: Torsten Schaffert